Währung
Sprache
Toggle Nav
Tel: (02501) 9288 320

Wir beraten Sie gern!

Wir sind für Sie da

Versandkostenfrei

Innerhalb Deutschlands ab 50 €

Mein Warenkorb Mein Warenkorb
Artikelnummer
LXMUEME

Max Euwe - The Biography

352 Seiten, kartoniert, New in Chess, 2001

27,25 €
Inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten
Final vergriffen
I am certain of victory over Euwe’, said World Champion Alekhine in 1935, and he was hardly the only one to underestimate the Dutchman’s chances. Euwe’s win came as a shock. This magnificent book, filling a gap in the literature of chess, shows that Euwe’s world title was the result of his iron will, his methodical drive and his energetic handling of all aspects of the game. Max Euwe has been called a genius of order and the chess logician. He wrote more than 70 books, many of which are still in print today. By bringing his world title under the aegis of the world chess federation FIDE he profoundly changed the history of chess in the twentieth century. It was Euwe’s diplomatic determination as President of FIDE that saved the Match of the Century in 1972 between Bobby Fischer and Boris Spassky.
Alexander Münninghoff tells the unforgettable tale of the fifth World Champion. His gripping story is illuminated by numerous photos and fifty games with the original annotations of Max Euwe.
Weitere Informationen
EAN 9789056910792
Gewicht 650 g
Hersteller New in Chess
Breite 12,6 cm
Höhe 17,4 cm
Medium Buch
Erscheinungsjahr 2001
Autor Alexander Münninghoff
Sprache Englisch
ISBN-10 9056910795
Seiten 352
Einband kartoniert
009 Preface
011 1 The Early Years
025 2 Emergence
047 3 International Recognition
066 4 Grandmasterhood
101 5 The Way to the Top
118 6 Alekhine-Euwe ~ 1935
173 7 World Champion
204 8 Euwe-Alekhine ~ 1937
222 9 The End of an Era
241 10 War Years
262 11 The Last Attempt
323 12 Final Chord
338 List of Events
344 Index of Names
348 List of Complete Games
Der Holländer Max Euwe (1901-1981), fünfter Weltmeister der Schachgeschichte, hat das Schachleben in seinem Heimatland und weit darüber hinaus für mehr als ein halbes Jahrhundert maßgeblich beeinflusst.
20 Jahre nach seinem Tod hat sein Landsmann Alexander Münninghoff mit viel Liebe zum Detail die Biografie des „Genies der Ordnung" geschrieben und bei New in Chess in englischer Sprache herausgebracht. In zwölf Kapiteln hat der Autor eine faszinierende Lebensgeschichte, die sich stets im Dreieck von Euwes großen Lieben abgespielt hat: Zu seiner Frau Cora und den Töchtern, zur Mathematik - er war Mathematiklehrer an einer Amsterdamer Realschule, ab 1964 Professor für Computerwissenschaft -, und natürlich zum Schach. Bereits im zarten Alter von 20 Jahren gewann Euwe die Niederländische Meisterschaft und machte dann für weitere 33 (!) Jahre ein Abonnement auf diesen Titel geltend (erst 1954 wurde er von Jan Hein Donner entthront). 1928 - vier Jahre nach Gründung der FIDE, in welcher er von Anfang an ein gewichtiges Wort mitzureden hatte, z. B. beim Ausscheidungsmodus für den Herausforderer des Weltmeisters gewann er die "Amateur-WM", eine Veranstaltung von geringer Lebensdauer, da schon damals die Grenzen zum Professionalismus schwer zu ziehen waren.
Der Hauptteil des Buches beschäftigt sich mit den beiden WM-Kämpfen gegen Alexander Aljechin 1935 - Euwe siegte knapp mit 15,5 :14,5 Punkten - und 1937, wo Aljechin mit 17,5 :12.5 eindrucksvoll Revanche nehmen konnte (S. 118-221). Der Titelgewinn war Resultat eines methodischen Herangehens an die große Aufgabe und eines eisernen Willens, denn Euwe war zu jener Zeit tatsächlich Amateur, musste er doch für die Wettkämpfe jeweils vom Schuldienst freigestellt werden („normale'' Turniere spielte er in den Schulferien).
Er dementierte übrigens heftig, dass Aljechin während der WM 1935 jemals betrunken am Brett erschienen sei - mit diesem Argument hatten einige Neider Euwes Triumph abwerten wollen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg widmete sich Euwe einige Jahre lang nur dem Schach - quasi nebenbei hat er in seinem Leben mehr als 70 (!) populäre Schachbücher verfasst -, erlebte aber im WM-Turnier 1948 (der Titel war nach Aljechins Tod 1946 vakant) eine fürchterliche Schlappe mit 4,0 Punkten aus 20 Partien und dem letzten Platz; neuer Weltmeister wurde in souveräner Manier Michail Botwinnik, was die lange Vorherrschaft der Sowjetischen Schachschule einleitete. Von 1970-1978 firmierte Euwe als FIDE-Präsident; seinem großen diplomatischen Geschick war es auch zu verdanken, dass der WM-Kampf Spasski - Fischer 1972 in Reykjavik nach langen Querelen im Vorfeld schließlich doch noch zu Stande kam. Bobby Fischer kannte er da schon lange, hatte er doch bereits 1957 den damals 14-jährigen Wunderknaben in einem Mini-Match mit 1,5 : 0,5 besiegt. Hier Euwes Gewinnpartie (S. 335):
Euwe - Fischer, New York 1957; Abgelehntes Damengambit: 1. d4 Sf6 2. c4 e6 3. Sc3 d5 4. c:d5 e:d5 5. Lg5 Lb4 6. e3 h6 7. Lh4 c5 8. Ld3 Sc6 9. Se2 c:d4 10. e:d4 0-0 11. 0-0 Le6 12. Lc2! Le7 13. Sf4 Db6 14. L:f6! L:f6 15. Dd3 Tfd8 16. Tael Sb4 17. Dh7+ Kf8 18. a3! Sc2 19. Sc:d5! T:d5 20. S:d5 1:0.
Der Autor lässt in seinem gründlich recherchierten Werk auch Aspekte der holländischen Schachgeschichte einfließen, macht den Leser mit vielen anderen Größen des damaligen Welltschachs und mit der Frühgeschichte der FIDE bekannt, und rundet das Ganze mit zahlreichen Abbildungen ab (S. 163-172 und S. 254-261). Am Ende jeden Kapitels führt Münninghoff einige Euwe-Partien aus dem jeweiligen Zeitabschnitt vor, insgesamt 115 - davon 50 von Euwe selbst kommentiert, und sämtliche 30 WM-Partien von 1935.
Im Anhang (S. 338-343) findet sich eine Auflistung aller Ereignisse in Euwes Schachkarriere von 1919 bis 1975, welche nochmals belegt, dass er ein ganz Großer im Reiche Caissas gewesen ist:
- von 127 Turnieren hat er nicht weniger als 73 (!!) gewonnen;
- er bestritt 44 Matches mit dem Ergebnis +32 = 5 -7;
- er nahm an 34 Länderkämpfen und an acht Schacholympiaden mit großem Erfolg teil;
- sein Punkte-Score von 1041 aus 1566 Partien (das sind 66,5 Prozent der erreichbaren Punkte) spricht für sich.
Alle schachhistorisch interessierten Leser werden an diesem Buch ihre helle Freude haben - sofern sie des Englischen mächtig sind. Oder, wie es der holländische GM Hans Ree ausdrückt: „Ohne dieses Buch ist Ihre Schachbibliothek ihren Namen nicht wert" (Zitat hinteres Deckblatt).

Dr. W. Schweizer, Rochade Europa 09/01


Kurz vor Redaktionsschluss erreichte uns noch ein Buch, das wir Ihnen keinesfalls vorenthalten wollten. Es handelt sich um die englische Übersetzung der Biographie über den nach Steinitz, Lasker, Capablanca und Aljechin fünften Weltmeister der Schachgeschichte, Max Euwe, geschrieben in holländischer Sprache im Jahre 1976 von Alexander Münninghoff. Euwe gewann 1935 den Titel gegen Aljechin.
Seine Verdienste gehen aber weit über den Gewinn der Weltmeisterschaft hinaus. In den Dreißiger und Vierziger Jahren war er an fast allen wichtigen Turnieren beteiligt, z.B. Nottingham 1936, AVRO-Turnier 1938 und Groningen 1946.
Er schrieb über 70 Bücher über Eröffnung, Mittelspiel und Endspiel, von denen ganze Generationen gelernt haben und auch heute noch lernen. Von 1970 bis 1978 war er Präsident des Weltschachbundes und hatte dabei maßgeblichen Anteil am Zustandekommen des 'Jahrhundert-Wettkampfes' Fischer gegen Spassky.
Eine Biographie über Max Euwe ist deshalb auch gleichzeitig ein Buch über die Geschichte des Schachs von 1920 bis 1980. Das Werk von Alexander Münninghoff wird diesem hohen Anspruch voll gerecht.
Sehr viel Lesestoff, sehr viele Partien (ein großer Teil mit den Analysen von Max Euwe) und sehr viele Diagramme sorgen für eine ausgezeichnete Mischung.
Fazit: Ein herausragendes Buch, das wir Schachfreunden jeglicher Spielstärke empfehlen können, falls Sie sich für die Geschichte unseres Spiels interessieren. Gute englische Sprachkenntnisse müssen vorhanden sein.

Schachmarkt 05/2001

Das Rätsel „Euwe" bleibt ungelöst
Es war nicht viel, was ich über Max Euwe, von 1935-1937 fünfter Weltmeister der Schachgeschichte, wusste, bevor ich Münninghoffs Buch zur Hand nahm. Natürlich - all die Klischees vom „unterschätzten" Weltmeister, dem Aljechin den Titel für zwei Jahre „überlassen" hatte. Die Tatsache, dass niemals wieder jemand so viel für die Entwicklung des Schachlebens in seinem Land getan hat, wie Euwe für die Niederlande, was bis in die heutige Zeit nachwirkt. Der einzige Amateur, der jemals Weltmeister wurde, nur „nebenbei" Schach spielte und hauptberuflich an einer Mädchenschule Mathematik unterrichtet hat. Und später die Fide-Präsidentschaft, in deren Rahmen er in die Wirren um das Spasski-Fischer-Match 1972 involviert war. Viele Wissenslücken galt es also sicher nicht nur bei mir, sondern bei vielen historisch Interessierten zu schließen, was mit der Übersetzung der einzigen Euwe-Biographie aus dem Holländischen (das Original erschien 1976) anlässlich des 100. Geburtstages Euwe in erfreulichem Umfang gelingt. Wie, werden Sie fragen, ein Mann wie Euwe mit seiner immensen Bedeutung für das Schachleben in unserem Nachbarland, Weltmeister dazu, und bislang keine bzw. nur diese eine Biographie? In der Tat ein Mysterium in einer Zeit, in der die Schachliteratur zumindest rein quantitativ eine Hochkonjunktur erlebt. Münninghoff bindet das Leben Euwes (1901-1981) in die Schachgeschichte ein und lässt diese von etwa Mitte der zwanziger Jahre bis 1953, Euwes letztem großen schachlichen Auftritt beim Kandidatenturnier in Zürich, Revue passieren. Das macht sein Werk nicht nur unter dem Aspekt „Euwe" lesenswert und interessant. Auch viele seiner Zeitgenossen, allen voran Alexander Aljechin, werden auf ihrem Lebensweg begleitet. Viele interessante Details regen zum Studium von Partien und zum Weiterlesen überhaupt an, so verdanke ich Münninghoff zum Beispiel den Hinweis auf die Außergewöhnlichkeit des Turniers von Karlsbad 1923.
„Das Genie der Ordnung" ist der meist gebrauchte Terminus, wenn es gilt, Euwe in einem Satz zu charakterisieren. Jede Minute in seinem Leben, so übertreibt man gern, war verplant. Das Mathematikstudium bis hin zum Doktorgrad, das tägliche Lehrereinerlei, in die Ferien gepresste Turniere und Matches, Weltklasse über zwei Jahrzehnte hinweg, unzählige Vortragsreisen und Simultanveranstaltungen, nicht weniger Artikel und Kolumnen, Verfasser von gut 70 Büchern, Familienvater mit drei Kindern - um nur seine wichtigsten „Aktivitäten" aufzuführen. All das setzt zweifellos einiges an Planung voraus! Als perfekter Gentleman ohne Fehl und Tadel wird Euwe nicht nur bei Münninghoff selbst, sondern in der gesamten Schachliteratur geschildert. Vergebens suchte ich in anderen Quellen nach kritischen Anmerkungen zu seiner Person oder etwaigen Verfehlungen. Der fleißigen Legendenbildung kann sich auch Münninghoff nicht entziehen. Ohne ersichtlichen Grund versucht er beispielweise, Euwes vorletzten Platz in Zürich 1953 schön zu schreiben. Ein weiteres, konkreteres Beispiel: Neujahrsturnier Hastings 1934/35. Der Brite George Alan Thomas steht vor dem Erfolg seines Lebens. Er hat u. a. Botwinnik geschlagen und gegen Capablanca und Flohr remisiert. Zwar war er im direkten Vergleich Euwe unterlegen, führt das Teilnehmelfeld aber vor der letzten Runde dennoch mit einem halben Zähler vor dem Holländer an. Die weiteren Geschehnisse beschreibt Münninghoff etwa so: In der letzten Runde verliert Thomas gegen Michell, was Euwe den Weg zum Turniersieg zu ebnen scheint. Nur noch den bis dato mit zwei mageren Remisen notierten Engländer Norman gilt es aus dem Feld zu schlagen und ein Blick auf das Brett lässt daran wenig Zweifel aufkommen. Die Organisatoren fürchten nicht nur um den Sieg von Thomas, sondern vor allem um den pünktlichen Beginn ihres Abschlussbanketts, welches droht, durch das endlose Gewinnstreben Euwes gegen einen sich verzweifelt wehrenden Gegner verschoben werden zu müssen. Nervös umkreisen sie das Brett... Schließlich hat Euwe ein Einsehen und gibt die Partie remis, die er - daran lässt der Autor keinen Zweifel - bei normalem Lauf der Dinge gewonnen hätte. Der geteilte Sieg Thomas' ist ebenso gerettet wie der pünktliche Beginn der Abschlussfestlichkeiten - Euwe hat sich einmal mehr als der perfekte Gentleman erwiesen!
Die Niederlage Thomas' in eben jener letzten Runde hat 58 Züge in Anspruch genommen. Natürlich ist es dennoch möglich, dass das 42-zügige Remis von Euwe länger währte, aber groß kann die zeitliche Verwerfung nicht gewesen sein. Eher wahrscheinlich ist, dass Euwe der Punkteteilung zustimmte, als sich die Niederlage von Thomas abzeichnete. Ohnehin hatten sich die Strukturen seiner Stellung gegen Norman seit ca. 20 Zügen kaum mehr verändert, seine Gewinnchancen waren äußerst begrenzt. Wie auch immer - Münninghoff war in diese Geschichte so verliebt, dass er sie bei Euwe, der sich beim Erscheinen der holländischen Ausgabe noch bester Gesundheit erfreute, gar nicht erst hinterfragte. Euwes gigantisches, drei Monate währendes Ringen um die Weltmeisterschaft 1935 gegen Aljechin nimmt naturgemäß breiten Raum ein. Unter großer Anteilnahme der holländischen Bevölkerung machte Euwe einen anfänglichen Rückstand wett und schlug seinen vor Matchbeginn nicht nur von sich selbst klar favorisierten Gegner mit 15 1/2 - 14 1/2. Sagenumwoben bleibt das Vorspiel zur 21. Partie, das in hohem Maße zu den oberflächlichen Vermutungen beigetragen hat, Aljechin habe das 35er Match in erster Linie wegen seines übermäßigen Alkoholgenusses verloren (1937 war er ,,clean" und holte sich - natürlich, so diese Stimmen - den Titel zurück). Allerlei Anzeichen - wie etwa seinen Weg in falscher Richtung kreuzende schwarze Katzen - hatten den abergläubischen Aljechin an diesem 19. November davon überzeugt, dass es besser sei, den Zug statt des bereit stehenden Autos nach Ermelo, wo die 21. Partie ausgetragen wurde, zu nehmen. Unterwegs muss er ordentlich gebechert haben, so dass er, am Ort des Geschehens angekommen, um Verschiebung der Partie nachsuchte. Dieses Ansinnen wurde abgelehnt und übereinstimmend berichtet, dass Aljechin zwar Unmengen von Kaffee in sich hinein schüttete, sein Benehmen aber ansonsten keinen Anlass zu Tadel bot. Er verlor die Partie.
„Die Geschichte, dass er betrunken war, ist völliger Unsinn", sagt Euwe bei Münninghoff. 20 Jahre zuvor schrieb er in Caissas Weltreich (mit Co-Autor Bob Spaak) „Als sich diese Möglichkeit jedoch während des Kampfes riesengroß abzeichnete [nämlich die seiner Niederlage im Match, d. A], reagierte Aljechin in seiner Entgeisterung unbeherrscht, nämlich mit den hinlänglich bekannten 'Alkoholanfällen'." Während des Matches wurde „Aljechin" lt. Euwe folgendermaßen buchstabiert: „AL von Alkohol, JE von Jenever, CH von Champagner, IN von Ingwerbier." An anderer Stelle weiß er zu berichten, dass Aljechin während seines Triumphes in Zürich 1934 „immer" betrunken gewesen sei. Euwes Beziehung zu Alkohol war - selbstverständlich - gänzlich anderer Natur, so wurde es zum Beispiel als Sensation gefeiert, dass er nach seinem Sieg über Aljechin ein halbes Glas Whisky leerte - so es denn stimmt. Mindestens zwei weitere Fragen bleiben im Zusammenhang mit dem ersten Aljechin-Match offen. Einmal die seines Zustandekommens. Münninghoff schreibt, dass Euwe von seinem Freund Hans Kmoch 1934 in einem Moment dazu überredet wurde, Aljechin zu einem WM-Match herauszufordern, als er - Euwe - seine Schachaktivitäten gerade in hohem Maße zurückfahren wollte. Euwe selbst sagt dagegen in Caissas Weltreich, dass ihn Aljechin schon 1933 zu einem Match eingeladen habe, welches über zehn Partien auf einem Ozeandampfer gespielt werden sollte: „[Euwe] zog den Vorschlag in Erwägung. Aljechin kam später mehrmals darauf zurück, aber Euwe konnte erst annehmen, als er in Holland die Möglichkeit gefunden hatte, einen solchen immerhin kostspieligen Kampf zu organisieren Lim Absatz davor steht, dass die Schifffahrtgesellschaft die Kosten übernehmen wollte, d. A.]... Aber der Kampf um die Weltmeisterschaft fand statt; Aljechin hatte ihn selbst vorgeschlagen, oder besser: Er hatte sich selbst herausgefordert." Kmochs Version im kurzen biographischen Teil seines Meister des Kampfschachs deckt sich ansatzweise mit der Münninghoffs, hier ist die Rede davon, dass Kmoch im Januar 1934 mit Euwe zusammen gesessen habe „und ... sich unser Gespräch bald nur noch um den Weltmeister drehte... Und irgendwie kam es, daß Euwe an diesem Abend den Entschluß faßte, Aljechin zum Kampf um die Weltmeisterschaft herauszufordern." Ein Rätsel bleibt auch Euwes Amateurstatus. Einen Großteil seiner Karriere, den fruchtbarsten dazu, unterrichtete Euwe an einer Mädchenschule. Dass sich daran zunächst auch nach der Erringung des Titels nichts änderte, schreibt Münninghoff dem Umstand zu, dass Euwe nicht nur keinen Pfenning an seinem Sieg über Aljechin verdient, sondern es ihm auch an Angeboten finanzieller Natur gemangelt habe, die es ihm erlaubt hätten, sich voll aufs Schach zu konzentrieren. Wie? Die ganze Nation fiebert drei Monate mit ihm mit, Tausende besuchten die Partien in allen Teilen des Landes, die Zahl der Mitglieder des Niederländischen Schachbundes explodiert von 3.000 auf 12.000 und für den neuen Nationalhelden gibt es kein wie auch immer geartetes Angebot, seiner Berufung professionell nachzugehen? Warum auch immer, Euwe blieb Amateur und verlor 1937 den Titel an Aljechin zurück. Unter anderem Donner meint (in The King), dass Aljechin 1935 nicht der schlechtere Spieler gewesen sei, seinen Gegner aber unterschätzt und deshalb verloren habe. 1937 dagegen war Euwe Favorit, aber er - so Donner - „fühlte vielleicht selbst die Absurdität seiner Position [die eines Amateurs auf dem Weltmeisterthron, d. A.]. 1937 warf er den Titel praktisch weg. Wenn er die Einladungen, die er nach 1935 aus aller Welt erhalten hatte, angenommen hätte, statt zu seinem Beruf zurückzukehren, hätte er Aljechin 1937 überzeugender besiegt als 1935." Und weiter hinten: „Euwe verlor einfach deshalb, weil er nicht mehr Weltmeister sein wollte."
Dieser Zwiespalt kommt bei Münninghoff zu kurz, wie man überhaupt über den Menschen Euwe - also nicht nur seine Tugenden, sondern auch Fehler und Schwächen - wenig erfährt. Euwe hatte in Cäissas Weltreich selbst folgenden Maßstab gesetzt: „Daß Napoleon ... eine Schwäche für lange Unterhosen hatte, verleiht ihm mehr menschliche Züge als die Tatsache, daß er im Jahre 1800 die Schlacht bei Marengo gewann; und wenn er diese calecons per Gros bestellt hat, so ist dies ein deutlicherer Beweis für seinen Ehrgeiz als all seine Eroberungen, Schlachten und Staatstreiche zusammen. So können wir die Großen der Geschichte wenigstens verstehen". Euwe zu verstehen, fällt auch nach der Lektüre der Biographie schwer. War er so unzugänglich, und ist auch das ein Grund dafür, dass sich vor Münninghoff kein Biograph an ihn herangewagt hat? War das Denkmal „Euwe" so übermächtig, dass jedes kritische Wort einer Majestätsbeleidigung gleichkam? Oder beides? Aber warum hat Münninghoff keine Zeitzeugen befragt bzw. nach dem Tod Euwes Licht ins Dunkel gebracht? Immer noch „verboten"? (Der englischen Auflage sind für Euwes letzten Lebensabschnitt acht karge Seiten hinzugefügt) Gewollt wirkt die Nichtexistenz von Frauen. Euwe war ein auffallend großer und - wenn man nach Fotos urteilt - nicht unattraktiver Mann. Aber alles, was wir erfahren ist, dass er mit 17 "... definitiv nichts mit Frauen zu tun haben [wollte]. Eine Weile hatte ich das Gefühl, ich wäre fähig, alle sexuellen Gefühle zu unterdrücken. Meine Frau war die erste Person des anderen Geschlechts, der ich nahe kam... Ich lernte sie kennen als ich 22 war." Damit, und dem Verweis auf seine Heirat und drei resultierende Kinder erschöpft sich die Darstellung Euwes als Mann. So, wie dem Verfasser das „Fleisch" für seinen Helden fehlt, so inbrünstig stürzt er sich auf dessen bekanntesten Zeitgenossen - auf Alexander Aljechin, der einiges mehr hergibt. Über ihn erfährt man praktisch „alles" - und nicht alles wirkt überzeugend. Mitunter versucht sich Münninghoff an Aljechin sogar als Romancier (erwähnt sei nur sein voller Pathos geschildertes letztes Treffen mit Capablanca in Buenos Aires 1939, dem der Autor beigewohnt haben muss), was in seltsamem Widerspruch zu der nüchternen Betrachtung Euwes steht. Mir scheint, dass Münninghoff die Antipathie für Aljechin quasi von Euwe übernommen hat bzw. Aljechin nach seinen antisemitischen Artikeln ohnehin bei allen Holländern einen äußerst schweren Stand hatte. Die „Aktenlage" ist so, dass man relativ gesichert davon ausgehen darf, dass Aljechin selbst der Autor jener Schmähartikel war (wenngleich von den Nazis sicher noch „geschönt") und seine ursprüngliche Einladung für London 1946 (nicht Hastings 1945/46 - Münninghoff) zurecht rückgängig gemacht wurde. Aber so erschöpfend, wie sich der Verfasser Aljechin widmet, hätte in einem Nebensatz Platz dafür sein müssen, dass dieser zuletzt strikt leugnete, auch nur das Geringste mit den Artikeln zu tun gehabt zu haben. Ein Wort abseits des Buches: Das Klischee vom „unterschätzten Weltmeister" ist mir nicht deutlich. Außer Frage steht, dass Euwe ein hervorragender Spieler war, der ca. zwei Jahrzehnte zur absoluten Weltspitze zählte. Davon zeugt zum Beispiel die Tatsache, dass er vor seinem zweiten Match gegen Aljechin ein positives Score gegen diesen aufwies und auch in dessen besten Turnieren mehr als nur gegenhielt. Neben dem Matchsieg über Aljechin war Euwes größter Erfolg wohl der 2. Platz beim Staunton-Gedenkturnier in Groningen 1946. Daneben gibt es eine Menge glänzender Turnierergebnisse, darunter auch ´1. Plätze in weniger bedeutenden Turnieren und ehrenvolle Matchniederlagen. Aber keine Siege bei wirklich großen Turnieren. Unzweifelhaft steht er damit hinter seinen Weltmeisterkollegen zurück. Was hat das mit Unterschätzung zu tun? Eine letzte Kritik: Die Neuauflage des Buches bot eine glänzende Gelegenheit, Euwes schachliches Schaffen einer detaillierteren Analyse zu unterziehen. Wer, wenn nicht New in Chess mit seinem Anspruch, wer, wenn nicht die Niederlande mit ihren vielen starken Spielern, wäre dafür prädestiniert gewesen? Stattdessen wurden alte Analysen Euwes, von denen kaum eine (heutigen) höheren Ansprüchen genügen dürfte, plump kopiert und selbiges auf dem Cover auch noch als Aushängeschild benutzt!
Die Biographie über den fünften Schachweltmeister steht sicher noch aus, gleichwohl empfehle ich das vorliegende Werk nicht nur all jenen, die sich ein Bild über Euwe machen wollen, sondern auch historischen Neueinsteigern, die eine schöne Führung durch 30 Jahre Schachgeschichte geboten bekommen, selbst wenn einiges hinterfragt werden muss.

Schach 10/2001 Raj Tischbierek