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LXHENWK

Wladimir Kramnik

Aus dem Leben eines Schachgenies

286 Seiten, gebunden, Werkstatt, 1. Auflage 2018

26,00 €
Inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten

Wladimir Kramnik gilt als einer der größten Schachspieler aller Zeiten. Von 2000 bis 2007 hielt der Russe den Titel des klassischen Schachweltmeisters. Er trug maßgeblich zur Wiedervereinigung der Schachwelt bei und setzte Trends in der Eröffnungstheorie. Auch heute noch ist Kramnik einer der weltbesten Spieler. Dieses Buch erzählt seine Geschichte und gewährt eine aufregende Sicht hinter die Kulissen der Schachwelt. Dazu kommen Kommentare Kramniks zu den wegweisenden Partien seiner Karriere sowie ein ausführlicher Anhang mit u. a. sämtlichen WM-Partien Kramniks.

Weitere Informationen
Gewicht 520 g
Hersteller Werkstatt
Breite 14,8 cm
Höhe 21,6 cm
Medium Buch
Erscheinungsjahr 2018
Autor Carsten Hensel
Sprache Deutsch
Auflage 1
ISBN-13 978-3-7307-0389-2
Seiten 286
Einband gebunden

008 Prolog

012 Von Schachgenies und schönen Künsten

023 Vom Stolz einer ganzen Stadt

034 Vom chaotischen Genie

051 Von Metamorphose und Millenniumsieg

078 Vom Monster von Bahrain

102 Von Leidenschaft und Leid

129 Von der Vereinigung der Schachwelt

170 Vom Verlust der Schachkrone

184 Vom letzten großen Duell und der Zukunft

201 Von Großmeister zu Großmeister

212 Epilog

ANHANG

220 Im Porträt: Die Weltmeister des Schachs

248 Schachweltmeister / Schachweltmeisterschaften seit 1886

256 Die WM-Partien des 14. Schachweltmeisters

275 Literaturverzeichnis

277 Glossar

283 Danksagung

286 Der Autor

286 Bildnachweis

Pünktlich zum Kandidatenturnier in Berlin kam ein Buch über den ältesten der acht Teilnehmer auf den Markt, Wladimir Kramnik. Das mag Zufall sein, jedenfalls ist es keinesfalls ein Schnellschuss. Der Autor hat sehr viel Mühe aufgewandt und eine differenzierte wie authentische Darstellung niedergeschrieben.

Das Porträt wurde nicht vom Titelhelden selbst, aber von einem engen Gefolgsmann verfasst: Carsten Hensel war rund ein Jahrzehnt als Manager Kramniks in die wichtigen Ereignisse involviert, die seinen Schützling in die Schachgeschichte eingehen ließen: das WM-Match gegen Kasparow 2000 verfolgte er noch als Freund, ab 2001 wurde er offiziell Manager des neuen Weltmeisters und behielt das Amt bis zum Verlust der Krone 2008. Hensels Engagement fiel in eine extrem schwierige und ereignisreiche Zeit, in denen vier WM-Matches/-Turniere Kramniks sowie die Widervereinigung der Schachwelt fielen. Der Manager musste "an vorderster Front“ gegen Fide-Funktionäre und die Konkurrenz im Rennen um den WM-Titel seinen Kopf hinhalten. Er weiß von Ränkespielen und Machtkämpfen zu berichten. Hensel hat Insiderwissen, gewährt Einblicke und lüftet Geheimnisse auf sehr ansprechende Weise. Er schildert die Ereignisse spannend, so dass die Lektüre den Leser in seinen Bann zieht. Das Buch liest sich wie ein Roman mit einem positiven Helden. Kramnik, ein intelligenter, gebildeter und stets freundlicher Mann mit eigenständiger Meinung, dabei mit einem ganz besonderen Schachgen gesegnet. Hensel zeichnet dessen Persönlichkeitsentwicklung plausibel und einfühlsam nach: vom faulen Genie mit chaotischem Lebensrhythmus bis hin zur verantwortungsbewussten Persönlichkeit, als die er in der gesamten Schachwelt und darüber hinaus geschätzt wird. Im Fokus stehen dabei die einzelnen WM-Kämpfe mit ihrer Vor- und Nachgeschichte.

Das Buch bleibt bei aller verständlicher Sympathie und Subjektivität seriös und der Objektivität verpflichtet. Es ist kein glorifizierter Heldengesang, wobei der große Respekt des Autors für Kramnik stets durchschimmert.

Hensel ist der Ansicht, dass Kramnik ein Ehrenplatz in der Schachgeschichte gebührt: als integre Persönlichkeit, dessen Verdienst es sei, die gespaltene Schachwelt wieder geeinigt zu haben.

Die ursprüngliche Idee, sehr detailgetreu aus seiner persönlichen Sicht zu schreiben, modifizierte Hensel hin zu einer flüssigeren Lesbarkeit, anstatt den Leser zu überfrachten. Dazu verbindet er seine und Kramniks Erlebnisse mit dem historischen Kontext, zeigt Entwicklungslinien auf, etwa zum Thema Computerschach und dem Vergleich Mensch gegen Maschine, der nach Kramniks Niederlage gegen Deep Fritz 2006 obsolet wurde. Die enge Verflechtung des Schachgeschehens mit der hohen Politik und der Weltwirtschaftslage wird ebenfalls thematisiert.

Der rote Faden der Erzählung ist dabei die Einigung in der Schachwelt, die seit 1993 gespalten war. Jahrelang wurde zwischen den Parteiungen verhandelt, doch persönliche Interessen und wirtschaftliche Schwierigkeiten verhinderten immer wieder eine Einigung. Korrupte Funktionäre verliehen dem komplexen Gemisch noch eine weitere Problemdimension.

2006 dann der dramatische Höhepunkt: das Match gegen Topalov in Elista 2006, unrühmlich als Toiletgate in die Geschichte eingegangen.

Die Spannung eskaliert, als Topalovs Manager Danailov Beschwerde einreicht und fordert, Kramniks Ruheraum und Toilette zu sperren – der Russe würde sich zu häufig aufs stille Örtchen zurückziehen!

Implizit wurde Kramnik Betrug unterstellt. Der Skandal war da, als das Topalov-gesonnene Beschwerdekomitee auf diese Provokation einging und dem Rivalen die intimen Videobänder aus Kramniks Ruheraum zuspielte. Kramnik weigerte sich, unter diesen Bedingungen weiterzuspielen und verlor eine Partie kampflos. Das Match stand auf der Kippe, bis Fide-Präsident Iljumschinow intervenierte und das Beschwerdekomitee neu besetzte.

Durch diese Farce war kippten die Sympathien weltweit zugunsten Kramniks. Und der bewies Rückgrat, bezog durch die Unterstützung den notwendigen moralischen Rückenwind und um behielt in dieser schwierigen Situation die Nerven. Er hatte jetzt eine Mission: keinesfalls wollte er zuzulassen, dass der Titel des Weltmeisters in die Hände der "Skrupellosen“ fiele.

Das Match ging in die Verlängerung. Vier Schnellpartien mussten über Titel, Ehre und viel Geld entscheiden. Enorm viel stand auf dem Spiel und am Ende setzte sich doch noch Kramnik durch. Es war der Höhepunkt seiner Karriere, und er hinterließ das Erbe einer wieder geeinten Schachwelt.

Schachliebhaber Hensel stieß 1991, damals bei der Stadt Dortmund als Pressesprecher u.a. für Sport angestellt, zu den Organisatoren der Dortmunder Schachtage. Im Rahmen des Dortmunder Turniers, das sich unter seiner Mitwirkung zu einem Superturnier mauserte, knüpfte er Kontakte. So lernte er den ganz kleinen Peter Leko und den jugendlichen Kramnik kennen, später wurde er Manager von beiden.

Kramnik selbst tritt im Buch als Co-Autor auf. Jedes Kapitel endet mit einer von Kramnik kommentierten Partie aus der betreffenden Zeit, meist eine Schlüsselpartie aus den WM-Matches. Dabei kommt er in seinen Anmerkungen ziemlich ohne Varianten aus. Kramnik beschreibt seine Gefühlslage, seine Herangehensweise an die Begegnung sowie seine Einschätzungen während der laufenden Partie.

Kramnik erteilte Hensel zum Schreiben des Buches einen Blankoschein: er dürfe gänzlich frei seine Sichtweise äußern, solle sich auch nicht mit Kritik an seiner Person zurückhalten. Ein großer Vertrauensbeweis! Obendrein trug Kramnik mit privaten Bildern zum Gelingen bei, welche nun auf farbigen Fotoseiten das Buch veredeln.

Die chronologische Erzählung beginnt mit den Anfängen des kleinen Wladimir, der 1975 in Tuapse am Schwarzmeer geboren wurde und schon im Kindesalter großes Talent zeigte: stundenlang zog er sich auf die Terrasse der Zweizimmerwohnung zurück, wo ihm sein Vater eine Ecke zum "Studierzimmer“ umfunktioniert hatte. Mit acht gewann er bereits die Stadtmeisterschaft der Erwachsenen, später besuchte er die die berühmte Botwinnik-Schule und gewann bei Jugendweltmeisterschaften mehrmals Medaillen. Mit 17 debütierte er auf Intervention Kasparows in der Nationalmannschaft bei der Olympiade in Manila 1992. Sein Siegeslauf war extraordinär: damals siegte er in fast allen Turnieren und gehört seither, also rund 25 Jahren, zu den Besten der Welt. Er hat alles erreicht, wohnt zufrieden mit Familie am Genfer See und bekommt nun nochmal eine späte Chance: beim Kandidatenturnier in Berlin.

Kramnik ist nicht der einzige Co-Autor. In einem Schlusskapitel kommen bekannte Großmeister zu Wort. Sie geben ihre Meinung von Kramnik als Schachspieler wie als Mensch kund und beurteilen seinen Stellenwert für die Schachgeschichte.

Ein ausführlicher Anhang rundet das Werk ab. So wird jeder der bislang 16 klassischen Schachweltmeister kurz porträtiert. Zudem werden alle WM-Partien Kramniks abgedruckt, auch werden Schach-Fachtermini erläutert. Somit ist das Buch auch für Schachlaien und Leser, die kein Vorwissen in der Schachgeschichte mitbringen, gut nachvollziehbar.

Für Hensel ist das Buch durchaus eine Art Vermächtnis. Die 20 Jahre im Schachgeschäft waren die interessantesten und intensivsten Jahre seines (Berufs-) Lebens. Er hat in dieser Zeit unzählige Länder bereist, lernte außergewöhnliche Menschen kennen: großartige Schachspieler, Politiker, Prominente. Eine Zeit, für die er sehr dankbar ist. Durch sein Engagement blühte das Schachleben in Deutschland auf und wurde in Medien präsenter. Höhepunkt seines Wirkens war die Weltmeisterschaft 2008, die zwischen Kramnik und Anand in Bonn ausgetragen wurde – nach vielen Jahrzehnten wieder mal eine Weltmeisterschaft in Deutschland!

Mehrfach kam er an seine Grenzen, in Gefahr, riskierte sogar sein Leben. Er verrät uns auch sein schlimmstes Erlebnis, bei dem er mit dem Tod Aug‘ in Aug‘ stand: im chinesischen Nanking verlor er bei einem Spaziergang die Orientierung, landete in einer parkähnlichen Anlage – und stand plötzlich einem ausgewachsenen Löwen gegenüber, der ihn anstarrte und anbrüllte! Mit einer großen Portion Glück konnte er dem Rachen der Bestie gerade noch entkommen.

In der Danksagung berichtet Hensel von zwei Herzinfarkten im Jahr 2015, die mit einer darauffolgenden seelischen Krise einhergingen. In dieser schweren Phase keimte die Idee, in einem Buch seine Erlebnisse in der Schachwelt zu verarbeiten, seine Familie unterstütze ihn dabei. Auf sein Wirken wie auch auf sein Buch darf der Verfasser stolz sein, es ist ein schönes Zeugnis der spannenden Jahre um die Jahrhundertwende geworden, ein gutes Stück zeitgenössischer Schachgeschichte. Obgleich noch nicht so lange her sind unsere Erinnerung daran schon etwas verblasst. Die empfehlenswerte Lektüre bringt sie uns wieder näher.

IM Frank Zeller

SCHACH 5/2018


Wladimir Kramnik gehört zweifellos zu den größten Schachpersönlichkeiten, Gelfand hält ihn sogar für den einflussreichsten Eröffnungstheoretiker der Schachgeschichte. Umso mehr verwundert es, dass es bislang keine aktuelle Biographie zum 14. Weltmeister gab. Jetzt hat dessen langjähriger Manager Carsten Hensel diese Lücke geschlossen. Der Dortmunder hat Kraminiks Laufbahn während seiner turbulenten Weltmeisterjahre eng begleitet.

Für Hensel war dieses Buch auch eine Möglichkeit, seine eigene Lebenskrise zu überwinden. Nach zwei Herzinfarkten 2015 gab ihm die Arbeit an diesem Buch, die auch ein Blick zurück auf sein eigenes Leben ist, wieder Kraft. Um Verklärungen in der Erinnerung zu korrigieren und Fakten zu überprüfen, hat Hensel seine damaligen Aufzeichnungen aus seinem Notizbuch sowie Berichte und Gespräche aus jenen Tagen konsultiert, um ein möglichst objektives Bild zu zeichnen.

Kramnik war ein Wunderkind und sein außerordentliches Schachverständnis war schon früh zu erkennen. Mit vier erlernte er das Spiel, mit zwölf entdeckte ihn Botwinnik, 1991 wurde er Juniorenweltmeister. Aber Hensel macht deutlich, dass dieses Schachgenie eine ambivalente Kindheit hatte, bei der Erfolge zwar früh zur Selbstbestätigung beitrugen, aber auch hartes tägliches Training den Alltag bestimmte.

Kramniks Weg in die Weltspitze war stringent. Spätestens als ihn Kasparow entdeckte, ihn gegen alle Kritik 1992 ins russische Olympiateam holte und der damalige FM mit 8,5/9 und einer Elo-Leistung von 2958 nicht nur den Brettpreis gewann, sondern auch das beste Ergebnis aller Teilnehmer erspielte, wurde die Öffentlichkeit auf ihn aufmerksam. Kurz danach war er in der Weltspitze angelangt, in der er bis heute - 25 Jahre später - geblieben ist.

Für Hensel ist Kramnik vor allem ein Künstler. Die Schönheit ist für sein Spiel eine größere Triebfeder als der sportliche Erfolg. In seiner Anfangsphase fehlt diesem Ausnahmetalent aller­dings Disziplin. Erst als sein Lebensstil professioneller wird, holt er den WM-Titel. Dank einer akribischen Vorbereitung, in der sich die Berliner Verteidigung als Schlüssel zum Erfolg erweist, entthront er in London 2000 Kasparow und wird 14. Weltmeister. Danach wird Hensel sein Manager.

Die stärksten Momente des Buches liegen in Hensels Inneneinblicken, die man so teils noch nicht gelesen hat. Er berichtet darüber, wie Kramnik nach dem Kasparow-Match in ein Loch fiel, wie es bei vielen Sportlern der Fall ist, nachdem sie ein großes Ziel erreicht haben. Er schildert die endlosen Verhandlungen mit der FIDE um die Überwindung des Schismas, die sich wieder und wieder zerschlugen, und wie sich Kramnik immer dafür einsetzte, das klassische Matchformat beizubehalten.

Gelegentlich liest man auch unterhaltsame Anekdoten. Als Kramnik 2002 in Bahrain gegen Deep Fritz 7 ein Mensch-Maschine-Match spielt, ist es so heiß, dass die Figuren vor Spielbeginn im Kühlschrank gekühlt werden mussten, da ansonsten die Kontakte des Sensorenbrettes nicht funktionierten. Nach diesem Match hatte Kramnik Mühe, wieder in seinen Spielrhythmus zu finden, nachdem er sich so lange auf die Spielweise des Computers eingestellt hatte.

Das WM-Match zwischen Kramnik und Leko, das 2004 am Lago Maggiore stattfand, war der schwierigste Wettkampf für Hensel. Als Manager musste er beiden Spielern gerecht werden, da er seit 1998 auch den ungarischen Herausforderer betreute. Der Verlauf des Duells war dramatisch, auch hinter den Kulissen. Hensel erzählt von Kramniks Gichtanfällen und dass das Match wegen dessen Gesundheitszustand kurz vor dem Abbruch stand. Nach dem Verlust der 8. Partie musste Kramnik wegen schwerer Panikattacken ins Krankenhaus. Die 9. Partie spielte er unter starken Beruhigungsmitteln. Aber Leko machte schnell Remis und rettete seinen physisch und psychisch stark angeschlagenen Gegner, der sich am Matchende wieder erholt hatte. Hätte Leko diese 9. Partie aus­gespielt, wäre er wahrscheinlich Weltmeister geworden - davon ist Hensel überzeugt.

2005 brach Kramniks schwere chronische Rheuma-Erkrankung voll aus. Es war das schlechteste Jahr seiner Karriere. Vor Schmerzen konnte er nicht mehr denken. Erst nach einer sechsmonatigen Spielpause bekamen die Ärzte die Krankheit in den Griff.

2006 kam es endlich zum Wiedervereinigungsmatch zwischen Kramnik und Topalow, das sich zum Skandal entwickelte und als Toiletgate in die Geschichte einging. Weil der Bulgare die ersten beiden Partien unglücklich verlor, sorgte sein Team mit anhaltenden Betrugsvorwürfen für Unruhe, die schließlich eskalierte und zu einem kampflosen Verlust Kramniks und fast zum Match-Abbruch führten. Am Ende gewann Kramnik im Schnellschach und reckte, wie schon nach den Siegen gegen Kasparow und Leko, als Symbol seines Triumphes ein drittes Mal die Faust in die Höhe. Hensel meint, dass die Topalow-Seite dieses Protestszenario von vornherein geplant hatte, falls es sportlich nicht laufen sollte. Und Kramnik konstatiert, dieser WM-Kampf sei die schwierigste Situation seiner Laufbahn gewesen.

Um die Wiedervereinigung abzuschließen, fand 2007 in Mexiko unter chaotischen Bedingungen ein WM-Turnier statt, das Anand gewann. 2008 war Hensel dann auch in die Organisation des WM-Matches in Bonn involviert. Diesmal war es Kramnik, der von seinem Gegner Anand auspräpariert wird. Wieder gibt Hensel inter­essante Einblicke: Trotz der intensivsten Vorbereitung seiner Karriere gelang es Kramnik und seinem Team nicht, brauchbare Eröffnungsideen für das Match zu kreieren. Kramnik hatte wegen einer Reihe von Absagen sein Wunsch-Sekundantenteam nicht aufbieten können. Hensel meint gar, Kramnik sei wegen seiner misslungenen schachlichen Vorbereitung wohl von vornherein ziemlich chancenlos gewesen.

Nach dem Verlust des Titels gingen Hensel und Kramnik getrennte Wege. Kramnik dachte längere Zeit darüber nach, das Schach aufzu­geben und in die Politik oder die Wirtschaft zu wechseln.

Die Jahre nach 2008 werden von Hensel nur knapp behandelt. Der Band schließt mit Einschätzungen einiger Spitzenspieler zu Kramniks Spielstil, Kurzbiografien zu allen Weltmeistern, sowie den unkommentierten Notationen aller WM-Partien Kramniks. Hensel hat vor allem ein Lesebuch geschrieben, lässt allerdings immer wieder Kramnik selbst zu Wort kommen, der erhellende Beschreibungen zu seinen wichtigsten Partien liefert.

Diese Biografie behandelt auch ein Stück

jüngerer Schachgeschichte, von jemandem erzählt, der ganz nah an den Geschehnissen war. Auch wenn Hensel gelegentlich etwas zu sehr die von ihm als ungerechtfertigt empfundene öffentliche Medienkritik an Kramnik betont, die sich aber vor allem gegen den verhaltenen Spielstil nach dessen Titelgewinn richtete, ist ein sehr lesenswertes Werk ent­standen.

Harry Schaack

KARL 2018/01

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