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LOSMESS

Smerdon's Scandinavian

Eigenschaften

493 Seiten, kartoniert, Everyman, 1. Auflage 2015

30,95 €
Inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten
Grandmaster David Smerdon plays the Scandinavian, but not in the typically solid style of this popular opening. He gives the Scandinavian a welcome twist by using it as an all-out attacking weapon! The repertoire he presents in this book is an enhanced version of the one he has successfully employed at grandmaster level over many years. The backbone of his repertoire in the main lines is provided by the razor-sharp Portuguese and Icelandic gambits, while Smerdon also gives answers for Black against White’s other options. Smerdon examines the most important games, presents cutting-edge theory and shares all his discoveries with the reader. This book tells you everything you need to know about successfully playing Smerdon’s Scandinavian.

·A complete repertoire for Black after 1 e4 d5
·Examines the Portuguese and Icelandic Gambits
·Packed with new ideas and critical analysis

David Smerdon is a Grandmaster from Australia. He has represented his country at six chess Olympiads, and played board one for the Australian team at the 2012 and 2014 Olympiads. In 2009 he won the Oceania Zonal Championship and qualified for the World Cup. Hes a regular contributor to the popular chess openings website ChessPublishing.com.
Weitere Informationen
EAN 9781781942949
Gewicht 840 g
Hersteller Everyman
Breite 17 cm
Höhe 24 cm
Medium Buch
Erscheinungsjahr 2015
Autor David Smerdon
Sprache Englisch
Auflage 1
ISBN-13 978-1781942949
Seiten 493
Einband kartoniert
003 About the Author
006 Acknowledgements
007 Preface
009 Introduction
023 How to Use This Book
025 One Hundred Games
026 Section One: The Portuguese Complex - 3 d4 Bg4!?
030 1. The Banker: 4 f3 Bf5 5 c4
056 2. The Jadoul: 4 f3 Bf5 5 Bb5+ Nbd7 6 c4
106 3. The Melbourne Shuffle: 4 f3 Bf5 5 Bb5+ Nbd7 6 Nc3
120 4. The Correspondence Refutation: 4 f3 Bf5 4 g4!
162 5. The Wuss: 4 Be2
181 6. The Lusophobe: 4 Bb5+ Nbd7 5 Be2!
196 7. The Elbow: 4 Bb5+ c6!?
230 8. The Classical: 4 Nf3
287 Section Two: Principled Greed - 3 c4
287 9. The Icelandic Gambit: 3...e6
320 10. The Panov-Botvinnik Attack: 3...c6
344 Section Three: The Modern Treatment - 3 Nf3 Bg4
367 11. The Goulash: 4 c4!?
373 12. The Celeriac: 4 Be2
381 13. Charlie’s Choice: 4 Bb5+!
396 Section Four: Check! - 3 Bb5+
404 14. 3...Bd7
412 15. 3...Nbd7
424 Section Five: Odds and Ends - 1 e4 d5
425 16. 2 exd5 Nf6 3 Nc3
429 17. 2 Nc3
463 18. The Blackmar-Diemer Gambit: 2 d4?!
478 19. 2 e5?!
481 Postscript
482 Index of Illustrative Games
483 Index of Variations
"Smerdon's Scandinavian" ist ein zugleich sehr instruktives, interessantes, seriöses und auch ein wenig verrücktes Repertoirebuch zur Skandinavischen Verteidigung. Geschrieben worden ist es aus der Sicht von Schwarz, und zwar vom australischen GM David Smerdon. Es ist kein eigenes, also von Grund auf selbst geschaffenes System, das der Autor hier anbietet; eine solche Ableitung aus dem Buchtitel wäre also abwegig. Dennoch enthält das Werk eine Fülle an eigenem Material Smerdons, der die behandelten Zweige des Skandinaviers selbst spielt und weit analysiert hat.
Das Buch ist eine Neuerscheinung aus 2015 und von Everyman Chess herausgegeben worden.

Im Kern basieren die Inhalte auf der Portugiesischen Variante (auch Portugiesisches Gambit genannt, 1.e4 d5 2.exd5 Sf6 3.d4 Lg4), dem Isländischen Gambit (auch Palme-Gambit genannt, 1.e4 d5 2.exd5 Sf6 3.c4 e6) und der Zugfolge 1.e4 d5 2.exd5 Sf6 3.Sf3 Lg4.
Ich habe zu diesen Systemen eine eigene persönliche Beziehung. Vor 20 Jahren ist mein eigenes Buch "Die Skandinavischen Gambits" auf den Markt gekommen, das sich insbesondere auch mit diesen Spielweisen befasst hat. Mein Interesse daran ist nie erloschen.
So war es für mich auf den ersten Blick erkennbar, dass "Smerdon's Scandinavian" zu einem Sprung in der Theorie dieser Systeme geführt hat. Seinerzeit gab es beispielsweise nur wenig zur Portugiesischen Variante, die nur ein erster Hauch von Mode umgab. Hier hat sich richtig etwas getan, was auch ein Verdienst von David Smerdon ist. Diese Einschätzung lässt sich eins zu eins auf die weiteren im Buch behandelten Zweige der Theorie übertragen.

Als Keimzelle seines Interesses für diese Nebenwege "des Skandinaviers" gibt Smerdon eine Aufgabe an, die er vor Jahren für seine Schulmannschaft zu erledigen hatte. Es oblag ihm, sein unerfahrenes und wenig spielstarkes Team vorzubereiten, wobei er die Linie wählte, ein von Schwarz ganz früh bestimmbares Eröffnungssystem zu wählen, das mit wenig Theoriekenntnis zu spielen war und Raum für ein kreatives eigenes Spiel gab. Seine damalige Wahl der Skandinavischen Verteidigung hat ihn dann persönlich dazu gebracht, sie auch zu seinem persönlichen Favoriten zu machen und entsprechend auszubauen.

Das Buch ist in fünf Abschnitte untergliedert, in die sich insgesamt 19 Kapitel aufteilen. Das Inhaltsverzeichnis sieht hierzu infolgedessen und fokussiert auf die Theorie wie folgt aus:

Abschnitt 1: The Portuguese Complex - 3 d4 Lg4!?
1. The Banker: 4 f3 Lf5 5 c4
2. The Jadoul: 4 f3 Lf5 5 Lb5+ Sbd7 6 c4
3. The Melbourne Shuffle: 4 f3 Lf5 5 Lb5+ Sbd7 6 Sc3
4. The Correspondence Refutation: 4 f3 Lf5 4 g4!
5. The Wuss: 4 Le2
6. The Lusophobe: 4 Lb5+ Sbd7 5 Le2!
7. The Elbow: 4 Lb5+ c6!?
8. The Classical: 4 Sf3
Abschnitt 2: Principled Greed - 3 c4
9. The Icelandic Gambit: 3...e6
10. The Panov-Botvinnik Attack: 3...c6
Abschnitt 3: The Modern Treatment - 3 Sf3 Lg4
11. The Goulash: 4 c4!?
12. The Celeriac: 4 Le2
13. Charlie's Choice: 4 Lb5+!
Abschnitt 4: Check! - 3 Lb5+
14. 3...Ld7
15. 3...Sbd7
Abschnitt 5: Odds and Ends - 1 e4 d5
16. 2 exd5 Sf6 3 Sc3
17. 2 Sc3
18. The Blackmar-Diemer Gambit: 2 d4?!
19. 2 e5?!.

Die einzelnen Kapitel sind gleichartig aufgebaut. Zunächst erhält der Leser eine theoretische Einführung, der sich dann eine Darstellung des jeweiligen Systems an Praxisbeispielen anschließt. Dem folgt eine tiefere theoretische Betrachtung, die dann auch bisweilen recht weit in Varianten gehen kann.
Dieser Aufbau korrespondiert mit einem Tipp von Smerdon an den Leser, der nicht erst zig Seiten Theorie bolzen will, bevor er sein neues System in der Praxis einsetzt. Ihm rät er dazu, zunächst die Einführung und die Partien durchzugehen, um dann schon in nicht bedeutenden Partien das neu Erlernte anzuwenden. Den Anlass können beispielsweise Blitzpartien oder Duelle über das Internet geben. Die dabei gemachten Erfahrungen soll der Leser dann in Verbindung mit den weiteren Ausführungen des Buches nutzen, um tiefer in die Materie einzusteigen. Im Anschluss daran ist der Leser ausreichend vorbereitet, um das neue System in einer ernsten und wichtigen Partie einzusetzen.

Smerdon erklärt viel und gut. Um alles richtig und bequem verstehen zu können, sollte der Leser über gesicherte Kenntnisse der Buchsprache Englisch verfügen. Mit einem ordentlichen Schulenglisch sollte eine weitgehend problemlose Arbeit mit dem Werk möglich sein.

Ich hatte "Smerdon's Scandinavian" eingangs mit den Attributen instruktiv, interessant, seriös und auch etwas verrückt in Verbindung gebracht. Warum das? Instruktiv ist das Werk deshalb, weil es sehr lehr- und aufschlussreich ist. Es enthält Wissen, besonders auch in der Form von Analysen, für die es keine andere Quelle gibt, da sie vom Autor selbst stammen. Die Art der Wissensvermittlung und die Unterstützung des Lesers, sich die Inhalte des Werkes zu erarbeiten, halte ich für gut.
Das Interesse des Lesers wird über den Stoff selbst und die Art der Präsentation gehalten. Aufgelockert wird das Ganze durch gelegentliche erzählende Elemente und auch durch ein paar Fotos.
Seriös und verrückt sind widersprüchlich wirkende Attribute, sie passen aber beide. "Smerdon's Scandinavian" ist ein "komplett normales" Repertoirebuch, das einem Variantengerüst folgt und mit Partien arbeitet, die sowohl ergänzen als auch veranschaulichen sollten. Etwas verrückt wirkt es durch ein paar Besonderheiten. So schließt Smerdon die Lücke an Partien aus der Praxis auch schon mal mit einem Shootout zwischen Engines. Hier haben dann Engines oder auch eine einzige Engine Zug für Zug eine Partie gespielt. Smerdon weist darauf hin, dass damit Rechenfehler ausgeschlossen werden können, was auch ein Anhalt sein kann.
Eine sprachliche Besonderheit liegt darin, dass Smerdon bewusst dann die weibliche Darstellung wählt ("she"), wenn üblicherweise die männliche im Text steht. Schach ist eben nicht nur "male", sondern auch "female".

Bemerkenswert ist der Rückgriff des Autors auf im Fernschach gespielte Partien. Er macht darauf aufmerksam, dass gerade im Fernschach aufgrund seiner Besonderheiten wichtige theoretische Erkenntnisse gefunden werden können, denen ein hoher Einfluss auf die Urteile über Varianten etc. gebührt.
Anzumerken bleibt, dass er zur Portugiesischen Variante Variante die einzige denkbare Widerlegung, wenn es denn eine sein sollte, den Fernschachspielern zuweist. Sein Urteil ist auch aus dem Inhaltsverzeichnis zu erkennen, da er das entsprechende Kapitel entsprechend betitelt hat.
Diese Passage ist übrigens ein besonderer Beleg dafür, dass Smerdon seine Erkenntnisse neutral und objektiv zu vertreten versucht und er kritische Fragen nicht auslässt.

Fazit: "Smerdon's Scandinavian" ist ein bemerkenswertes Repertoirebuch über Sonderzweige der Skandinavischen Verteidigung, die von Schwarz gesteuert und aus dessen Sicht im Werk behandelt werden. Das Buch enthält viel Analysematerial aus dem Fundus des Autors, wofür es somit keine gleich geeignete weitere Quelle gibt. Der Autor verfolgt die Strategie, dem Nachziehenden Systeme an die Hand zu geben, mit denen er von Anfang an dem Duell seinen eigenen Stempel aufdrücken kann und die ihm Raum für ein eigenes kreatives Spiel bieten. Schwarz ist bereit, einen Bauern zu investieren, um Entwicklung und Raum als Gegenwert zu erhalten.
Das Buch ist so vollständig, dass es den Leser in die Lage versetzt, mit ihm allein ein besonderes Repertoire aufzubauen.

Uwe Bekemann
www.BdF-Fernschachbund.de
Juni 2016




Rezension zu:
Understanding the Scandinavian - Sergey Kasparov
und Smerdon’s Scandinavian - David Smerdon

Zwei Bücher über Skandinavisch - und trotzdem könnten sie nicht unterschiedlicher sein: auf der einen Seite ein fast 500 Seiten dickes Buch über eine Nebenvariante, auf der anderen ein „Fast-Gesamtüberblick” über die Eröffnung, der aber nur 175 Seiten zählt…

Sehen wir uns das also genauer an. Das eine der beiden zu besprechenden Bücher ist, wie man guten Gewissens sagen kann, eine Herzensangelegenheit des australischen Großmeisters David Smerdon, der mir (wie ich zugeben muss) bisher kein Begriff war. Das Herzstück der Herzensangelegenheit ist die Portugiesische Variante, die nach 1.e4 d5 2.exd5 Sf6 3.d4 Lg4!? entsteht - eine objektiv wohl (wie auch der Autor einräumt) nicht völlig korrekte Gambitvariante, die Smerdon aber anscheinend schon viele Jahre mit großem Erfolg spielt und die er hier den Lesern (mit großem Engagement) nahebringen möchte.

Das andere Buch ist etwas schwieriger zu definieren. Der Autor ist Sergey Kasparov, und obwohl dieses Buch etwas anders aufgebaut ist als seine früheren Werke (was vielleicht auch den Vorgaben des Gambit-Verlags geschuldet sein könnte), ist er doch seinem Hang zum… wie soll ich sagen?!... Anekdotenhaften treu geblieben. Er bietet hier nämlich weder ein festes Repertoire noch einen kompletten Überblick über die Eröffnung an; vielmehr beschreibt er manche Abspiele detailliert, andere überblicksartig und wieder andere gar nicht. Mehr dazu später.

Bevor ich mich bei Smerdon der Portugiesischen Variante widme, darf auf keinen Fall unerwähnt bleiben, dass sich der Autor auf fast 200 Seiten mit den anderen Varianten (außer 3.d4) auseinandersetzt, die nach 1.e4 d5 2.exd5 Sf6 aufs Brett kommen können, d. h. vor allem mit 3.Sf3, 3.Lb5 und 3.c4. Nach letzterem Zug bietet er sowohl das Isländische Gambit (3…e6!?) als auch das klassische 3…c6, mit wahrscheinlichem Übergang zum Panow-Angriff im Caro-Kann an. Er beschäftigt sich mit diesen Abspielen genau so engagiert wie mit „seinem” Portugiesischen Angriff. Das ist durchaus der Erwähnung wert, denn so mancher Autor ist mit großer Begeisterung am Werk(eln), wenn es um sein eigentliches Anliegen geht, lässt dann aber um so mehr nach, wenn er die Pflichtarbeit (sprich: Nebenvarianten) abarbeiten muss. Das ist hier aber, wie gesagt, definitiv nicht der Fall.

Nun aber zu der Gambitvariante, die im Zentrum von Smerdons Bemühungen steht. Um es gleich zu sagen: Genau so stelle ich mir ein Buch über eine objektiv nicht 100%ig wasserdichte, aber in der Praxis gefährliche Eröffnung vor! Vor allem räumt der Autor völlig unumwunden ein, dass Weiß mit optimalem Spiel einen gewissen Vorteil behält. Er nennt das kritische Kapitel auch ganz freimütig „The Correspondence Refutation” („die Fernschach-Widerlegung”). Eine so einfache Sache mit der Widerlegung wird es dann aber nicht, denn er rüstet die Schwarzspieler mit jeder Menge Ideen und Tipps aus, um auch gegen diese Variante bestehen zu können. Gut, im Fernschach ist das wahrscheinlich wirklich schwierig für Schwarz, aber es gibt so viele Möglichkeiten, komplexe und dynamische Stellungen zu erreichen, dass sich ein Spieler, dem solche Positionen liegen, unter Turnierbedingungen am Brett (und um so mehr in Rapid- und Blitzpartien) geradezu wie ein Fisch im Wasser fühlen könnte. Allein die Diagramme machen Lust darauf, das einmal zu probieren! Wer von der Geschichte mit der objektiven Korrektheit nicht abgeschreckt wird, sollte einmal einen Blick wagen.

Ganz anders sieht dagegen das Werk von Sergey Kasparov aus. Bereits in der Einführung sagte er, die Aufgabe eines Autors sei, den Leser nicht mit zu vielen Varianten zu belasten, sondern ihm die Grundideen und -pläne der gesamten Eröffnung auf möglichst unterhaltsame Art nahezubringen. Ob das nun in Sachen Verfassen von Eröffnungsbüchern der Weisheit letzter Schluss ist, will ich einmal vorsichtig bezweifeln, aber es ist eine von mehreren Möglichkeiten, und es ist auf jeden Fall gut, dass der Leser das weiß. So gesehen würde ich es auch begrüßen, wenn es eine Möglichkeit gäbe, dem potenziellen Leser dies mitzuteilen, bevor er seine Kaufentscheidung trifft (eventuell im Klappentext), denn wer eine detaillierte Arbeit erwartet, wie man sie z. B. von Autoren wie Kotronias kennt, wird wahrscheinlich schnell enttäuscht sein.

Was ich aber dennoch etwas kritisieren möchte, ist der Umstand, dass Kasparov keinen ausgewogenen Überblick über die gesamte Eröffnung anbietet, sondern seine Favoriten hat, bei denen er in eine gewisse Tiefe geht, während andere Abspiele stiefmütterlich oder überhaupt nicht behandelt werden. Ein Beispiel: Von den 175 Seiten des Buchs behandelt er 2…Dxd5 auf 142 Seiten, 2…Sf6 dagegen auf gerade einmal 11 Seiten! Sieht man sich nun die spärlichen 11 Seiten näher an, stellt man fest, dass er nach 1.e4 d5 2.exd5 Sf6 das kritische 3.d4 in gerade einmal einer (in Zahlen: 1!) knappen Spalte erwähnt, und das auch noch mit dem „windigen” Abspiel 3…Sxd5 4.Le2 Sc6?! (seine eigene Interpunktion!). Von den anderen dritten weißen Zügen zeigt er 3.Sf3 in einer Beispielpartie, und über 3.Lb5+ und 3.c4 schreibt er lapidar, das seien weniger kritische Züge, die er hier nicht weiter untersuchen werde. Bei allem Wohlwollen: Davon hat ein Leser gar nichts! Wenn er auf 2…Sf6 keinen Bock hat, wäre es doch viel vernünftiger und zweckmäßiger gewesen, das Buch „Understanding the Qxd5 Scandinavian” zu nennen und sich die 11 Alibi-Seiten zu 2…Sf6 ganz zu schenken.

Dass ich mich seinen Analysen deutlich häufiger als bei Smerdon nicht so recht anschließen kann, mag angesichts der bisherigen Ausführungen kaum überraschen, aber dennoch ein Beispiel: Eine der ganz kritischen Varianten des Dd6-Skandinaviers ist 1.e4 d5 2.exd5 Dxd5 3.Sc3 Dd6 4.d4 Sf6 5.Sf3 c6 6.Se5 Sbd7 7.Sc4 Dc7 8.Df3 Sb6 9.Lf4 Dd7 10.Sxb6 axb6 11.0-0-0 e6 12.Le5 Sd5 13.Lc4 f6. Hier nennt der Autor als Nebenvariante das gefährliche 14.Lg3 Lb4 15.Sxd5 exd5 16.Ld3. Er führt aus, dass die Variante gefährlich sei, aber in seiner Variante b schreibt er „In 2015 I played more carefully and managed to equalize: 16…0-0 17.a3 Ld6 18.Dh5 f5 =” („Im Jahr 2015 spielte ich umsichtiger, und es gelang mir, Ausgleich zu erreichen: …”). Das klingt doch nach keinen nennenswerten Problemen, oder? Die Idee von 18.Dh5?! (meine Interpunktion) ist mir allerdings nicht klar. Wenn man dadurch greifbare Zugeständnisse des Schwarzen am Königsflügel erzwingen könnte, wäre das sicher ein starker Zug, aber in Wirklichkeit erreicht man damit doch gar nichts, oder? Wenn Weiß dagegen sein Druckspiel zunächst über die e-Linie mit 18.The1 oder 18.Tde1 beginnt (zumal Schwarz nicht ernsthaft um die e-Linie kämpfen kann), muss sich Schwarz schon überlegen, was er gegen die Turmverdopplung unternehmen will. Wenn er sie zulässt, sieht die schwarze Stellung nämlich schon ziemlich verdächtig aus. Der Computer schlägt schon Maßnahmen wie 18…f5 vor (oder nach vorherigem 18…b5 19.c3), aber damit schafft man weitere Schwächen, die Weiß mit 19.Le5, evtl. in Verbindung mit einem Bauernvormarsch am Königsflügel (vor allem im Falle von 18.Tde1!?), ausnutzen kann. Mir gefällt jedenfalls die schwarze Stellung nicht.

Ich möchte diese Variante aber auch nicht überbewerten. Der Abschnitt 1.e4 d5 2.exd5 Dxd5 ist dem Autor jedenfalls deutlich besser gelungen als der zu 2…Sf6. Vor allem erwähnenswert ist, dass er sich nach 3.Sc3 neben der Modefortsetzung 3…Dd6 auch mit dem klassischen 3…Da5 und dem eher seltenen, aber nicht zu unterschätzenden 3…Dd8 beschäftigt. Insgesamt gibt Sergey Kasparov hier einen ganz guten Überblick über diese Abspiele, aber in den konkreten Varianten vermag ich mich ihm nicht immer anzuschließen.

Wenn ich ein Fazit ziehen soll, gefällt mir Smerdons Buch sehr gut, aber der Leser muss sich überlegen, welche Art von Stellung ihm liegt und ob er gewisse Risiken einzugehen bereit ist. Wer etwas mit der Portugiesischen Variante anfangen kann, findet hier eine großartige Basis für die eigene Auseinandersetzung mit der Eröffnung. Von Kasparov war ich dagegen enttäuscht. Den Teil zu 2…Sf6 kann man vergessen, während seine Auseinandersetzung mit 2…Dxd5 deutlich besser war, aber manche Abspiele konnten zumindest mich nicht überzeugen. Wer sich allerdings in erster Linie einen Überblick über die verschiedenen Variantenkomplexe nach 1.e4 d5 2.exd5 Dxd5 3.Sc3 verschaffen will, kann durchaus einen Blick riskieren, sollte aber auch andere Quellen hinzuziehen und/oder Eigenarbeit leisten. Besonders schade an dem sehr knapp ausgefallenen Teil zu 2…Sf6 finde ich, dass sich damit auch eine Kombination beider Bücher nicht gerade anbietet. Immerhin lässt sich vorstellen, dass man zwar die Portugiesische Variante hin und wieder spielen, sie aber nicht als Alleinwaffe haben möchte. Da wäre es natürlich gut wenn es Quellen gäbe, in denen auch traditionellere Alternativen zu 3…Lg4!? behandelt werden (vor allem 3…Sxd5). Das ist hier aber leider nicht der Fall.
FS-GM Klaus Kögler
März 2016




Es ist mal wieder Zeit für Kaffeehausschach! Großmeister David Smerdon lädt uns in "Smerdon`s Scandinavian" aus dem Everyman Chess Verlag ein, die ausgetretenen soliden Pfade der Eröffnungstheorie zu verlassen und einfach Spaß zu haben. Wer sagt eigentlich, dass man mit Schwarz erst einmal ruhig auf Ausgleich spielen muss? Stattdessen votiert der Autor für 1.e4 d5 2.exd5 Sf6 3.d4 Lg4. Nach 4.f3 Lf5 5.c4 e6 6.dxe6 Sc6 hat der gierige Weißspieler dann zwei Bauern mehr, aber der Spaß ist auf unserer Seite und es kann häufig mal passieren, dass wir nach 15 Zügen bereits gewonnen haben, da einige Fallstricke auf unseren Gegner warten.
Wer allerdings meint, dass Schwarz für den Preis von einem oder mehrerer Bauern viel Theorie sparen kann, wird von dem Umfang des Buches erst einmal enttäuscht sein. Statt eines kleinen Büchleins umfasst das Werk fast 500 Seiten. Ich muss gestehen, dass der Schachfaulpelz in mir davon nicht sehr begeistert war. Allerdings kennt der Autor seine Zielgruppe und hat sein Buch so konzipiert, dass man nicht jede Kleinigkeit lesen muss. Jedes Kapitel besteht aus einer Einleitung, vollständigen, kommentierten Modellpartien und einem recht umfangreichen Theorieteil. Um die Eröffnung spielen zu können, reicht es aber vollkommen aus, sich nur die jeweilige Einleitung durchzulesen, in denen die Varianten ein wenig erklärt werden und geklärt wird, welche Ziele man verfolgt, worauf man achten muss, und dann die Modellpartien anzuschauen, in denen die wichtigsten Varianten und Strategien gezeigt werden. Wenn man dann mit einer Variante Schwierigkeiten hat, kann man diese durch den Theorieteil vertiefend studieren.
Da GM Smerdon diese Eröffnung seit Jahren regelmäßig praktiziert, weiß er natürlich, worauf es ankommt und zeigt auch interessante Statistiken, anhand derer man als Leser sehen kann, welche Varianten am häufigsten auf das Brett kommen werden. Leider muss Weiß nicht die oben erwähnte Variante spielen, die der Autor witzigerweise den "Banker" getauft hat. In meiner Praxis durch Blitzpartien nach Lektüre des Buches und eine frühere Kaffeehausschachphase in Turnierpartien muss ich leider sagen, dass die meisten Weißspieler 4.Le2 bevorzugen, der im Buch liebevoll "the wuss", also der Feigling, genannt wird. Hier geht alles etwas ruhiger zu. Nach 4. ...Lxe2 5.Dxe2 Dxd5 6.Sf3 e6 7.c4 Df5 8.0-0 Le7 9.Sc3 Sc6 10.Td1 0-0-0 mit Spiel gegen den d4 oder auch Überfallmöglichkeiten nach Thg8 g5 wird es aber dennoch nicht zu langweilig.
Das Buch ist gespickt mit vielen Ideen. Natürlich kann man nicht überall so scharf wie gewünscht spielen, aber es werden immer wieder kreative Ideen präsentiert, mit denen man Weiß ärgern kann. Meinen Favouriten aus dem Buch möchte ich auch kurz erwähnen. Nach 1.e4 d5 2.exd5 Sf6 3.Sf3, auch wieder ein Versuch, Schwarz in aller Ruhe zu quälen, 3. ...Lg4 4.Le2 Dxd5 5.Sc3 Df5 6.h3 Lxf3 7.Lxf3 Sc6 8.Lxc6 bxc6 sieht die schwarze Bauernstruktur ziemlich übel aus, aber Schwarz hat hier einen ganz einfachen Plan. Er stellt den König nach d7, sofern der c6 angegriffen wird, den Läufer nach d6 und greift mit g5-g4 an. Das ist provokant wie einfach und wurde von David Smerdon sogar bereits gespielt. Zwar verlor er die Partie und hat sie dennoch in seinem Buch kommentiert, aber das hatte mit der Eröffnung nichts zu tun.
Wer gerne etwas riskanter spielt und unorthodoxe Stellungen mag, ist hier gut aufgehoben. Von der Dicke des Buches sollte man sich nicht abschrecken lassen, da man die Eröffnung dennoch sehr schnell erlernen kann und hier einfach alles nach 1.e4 d5 abgehandelt wird, auch Varianten, auf die man vielleicht nie treffen wird. Man merkt, dass der Autor viel Arbeit in die Analysen "seines" Systems gesteckt hat und erhält eine sehr gute Darstellung dieses skandinavischen Gambits, das ich als Portugiesisch kennengelernt habe. Dabei wechseln sich höchst unterhaltsame Partien und fundierte Analysen ab, die vielen verbalen Erklärungen helfen ebenfalls gut weiter und vermitteln eine Leichtigkeit, durch die die Lektüre zum großen Vergnügen wird.

IM Dirk Schuh
November 2015