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LXROWDSTDS

Die sieben Todsünden des Schachspielers

240 Seiten, kartoniert, Gambit, 1. Auflage 2003

21,95 €
Inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten
Final vergriffen
Jeder von uns verliert dann und wann eine Partie, aber nur allzu oft verlieren wir, weil wir Züge machen, von denen wir eigentlich im tiefsten Innern schon vorher wussten, dass sie nichts taugen. Warum aber begehen wir dann überhaupt solche schachlichen Sünden? Gründen sie auf ganz allgemeinen, falschen Vorstellungen davon, was Schach ist und wie man es spielen sollte? Und wie schaffen wir es, die Warnsignale besser zu erkennen? In diesem Buch gibt Rowson in seinem originellen Stil eine Fülle von Denkanstößen, und zwar auf ausgesprochen unterhaltsame Art. Er untersucht hier, was dazu führt, dass Schachspieler bisweilen die schrecklichsten Fehlentscheidungen treffen, und er beleuchtet dabei die tückischen psychologischen Ursachen für solche Fehlentscheidungen:

- Denken (überflüssig oder Fehlerhaft)
- Blinzeln (Auslassen von Chancen, Unentschlossenheit)
- Wollen (übertriebene Fixierung auf das Ergebnis)
- Materialismus (Vernachlässigung immaterieller Faktoren)
- Egoismus (mangelnde Berücksichtigung des Gegners und seiner Chancen)
- Perfektionismus (Neigung zur Zeitnot, Verbissenheit)
- Fahrigkeit ("Den Faden verlieren", gedankliches Abschweifen, mangelnde Konzentration)
Weitere Informationen
EAN 9781904600053
Gewicht 500 g
Hersteller Gambit
Breite 17 cm
Höhe 24,7 cm
Medium Buch
Erscheinungsjahr 2003
Autor Jonathan Rowson
Sprache Deutsch
Auflage 1
ISBN-10 1904600050
ISBN-13 9781904600053
Seiten 240
Einband kartoniert
005 Danksagung
006 Vorwort des Übersetzers
007 Bibliographie
008 Symbole
009 Erweitertes Vorwort: Die Landkarte, nicht das Gelände

020 1 Denken
025 Gedanken über das Denken
025 Die Sache mit den Mustern
027 Intuition für Einsteiger
038 Sehen
040 Wert und Urteil
045 Die Pflege der Intuition
050 Die Tücken der Analogie
052 Irrungen und Wirrungen
056 Humor und Hedonismus
061 Das Tao des schachlichen Denkens

063 2 Blinzeln
064 Hauptsache „Trendy"
067 Transformationen: Zeichen, Signale, Sensibilität
074 Zur Entschlossenheit entschlossen
084 Widersprüchlichkeit im Herzen des Schachspiels?
092 Trommeln ohne Symbole

097 3 Wollen
101 Worauf spielen Sie?
102 Das höchste der Gefühle: Flow
104 „Gumption" - ein kleiner Exkurs ins Schottische
106 Der „Plus-Gleich-Modus"
113 Die Theorie des unendlichen Widerstands
119 Den Sack zumachen

121 4 Materialismus
125 Alte Schule
126 Auf den Punkt gebracht
133 Ausnahme-Schach
142 Sind wir noch materialistischer als die Computer?
146 „Angst"
151 Leblose Stücke Holz oder wahre Energiebündel? Das E = mc² des Schachspiels
156 Die vier Dimensionen des Schachspiels

164 5 Egoismus
166 Subjekte und Objekte
172 „Inter-Subjektivität"
178 Verantwortung
180 Populistische Prophylaxe
187 Weitere Gesichter des Egoismus

189 6 Perfektionismus
189 Moralisieren
193 Abkupfern
195 Den Hals nicht voll kriegen, oder: Das Butterbrot-Prinzip
197 Die Ursachen der Zeitnot (und was man dagegen tun kann)
202 Pragmatismus
206 Selbstvertrauen

212 7 Fahrigkeit
212 Spannungstransfer und Neuronales Kidnapping
217 Crashkurs für Zeitnotgeplagte
218 Abdriften und „Entgleiten"
224 Wiederaufnehmen des Fadens
228 „Echos"
236 Die Kunst der Konzentration

238 Schlussfolgerung: Des Autors Buße

239 Index der Spieler
240 Index der Eröffnungen

Schon in seinem Buch »Understanding the Grünfeld« war der junge schottische GM J. Rowson durch die Qualität der Darstellung, originelles Denken und die Frische seines Stils aufgefallen. In »The Seven Deadly Chess Sins« (erschienen 2000), das ebenfalls sehr positiv aufgenommen wurde, setzte er dies nahtlos fort. Die z.T. anspielungsreiche Sprache und die treffend gewählten Zitate, mit denen er viele der Kapitel eingeleitet hat, waren allerdings für deutsche Leser, die über keine ausgezeichneten Englischkenntnisse verfügten, nicht immer leicht zu verstehen. Nun liegt aber die deutsche Übersetzung vor.
Rowson führt in dem Buch, dessen Thematik angesiedelt ist zwischen Spielpraxis und Schachpsychologie, sieben Gründe an, warum in Schachpartien immer wieder falsche Züge oder Pläne gewählt werden. Er geht zunächst kurz auf bisherige Arbeiten zur Schachpsychologie ein und stellt fest, dass sie trotz wertvoller Erkenntnisse zu sehr vom Schachspielen als einer rein kognitiven Angelegenheit ausgegangen seien, bei der die Auswahl von Zügen und das Verstehen von Positionen in erster Linie auf der Basis mentaler Muster und Schlussfolgerungen ablaufe. Von daher argumentiert er z.B. bei der ersten festgestellten Sünde, »Denken«, die er als »musterfixierte Schablonenhaftigkeit« charakterisiert, u.a. vom Vertrauen in die eigene schachliche Intuition her. Weitere Sünden, die er originell und instruktiv samt deren Gegenmitteln analysiert, sind z.B.: Materialismus, also das Vernachlässigen dynamischer Stellungsbewertung oder der Perfektionismus. Insbesondere letzteres Kapitel, in dem es hauptsächlich um die Zeitnot geht, hat mich sehr angesprochen. Rowson formuliert hier nicht weniger als 18 Ratschläge, um der Zeitnot vorzubeugen. Wer die zahlreichen ausführlich besprochenen Partiebeispiele durchgeht, wird an vielen Stellen eigene schädliche Denk- und Herangehensweisen entdecken, die im Buch differenziert diagnostiziert und therapiert werden. Der Band bietet nicht nur einen anregenden und neuartigen Kursus zur kritischen Selbstreflexion schachlichen Denkens sondern immer wieder auch Lesevergnügen, z.B. durch Aphorismen wie »Perfektionismus« äußert sich auf vielfältige Weise, in erster Linie aber durch Zeitnot« (S. 211), sodass man ihm gelegentliche Längen in der Darstellung, die z.T. recht textlastig ist, verzeiht. Um Gewinn von dem Buch zu haben, sind keinerlei psychologische Vorkenntnisse nötig, man sollte aber m.E. über eine Spielstärke von mindestens ca. 1750 DWZ verfügen. Spieler, für die dies zutrifft, und die an der Vervollkommnung ihres schachlichen Denkens arbeiten wollen, kann ich das Buch sehr empfehlen.

Helmut Conrady, Rochade Europa 09/2003


In der Reihe mit deutschen Übersetzungen seiner erfolgreichsten Lehrbücher hat der Verlag Gambit Publications ein weiteres äußerst bemerkenswertes Buch herausgebracht.
Darin beschäftigt sich Schottlands jüngster Großmeister Jonathan Rowson, der bereits für sein erstes Buch "Understanding the Grünfeld" großes Lob für seine hochwertige Arbeit erhielt, mit den vielfältigen Möglichkeiten, die uns beim Schachspiel immer wieder zu bisweilen schrecklichen Fehlern verleiten. Dabei stieß er auf folgende Hauptfehlerquellen, die hier etwas klangvoller als Todsünden bezeichnet wurden.
Bereits das erste Kapitel über das "Denken" ist ein wichtiger Schwerpunkt. Rowson geht darin z.B. den Themen Muster, Intuition, Sehen, Bewertung und Humor nach und zeigt, wie überflüssiges oder fehlerhaftes Denken zu Fehlern führen und wie man dem mit Intuition und 'mit den Figuren sprechen' begegnen kann.
Beim "Blinzeln" geht es vor allem um kritische Momente einer Partie, in denen es gilt, einen günstigen Trend zu erhalten oder einer ungünstigen Entwicklung zu begegnen. Rowson zeigt, wie man derartige wichtige Momente besser erkennen kann.
Die dritte Sünde "Wollen" entsteht, wenn man zu sehr auf ein bestimmtes Ergebnis fixiert ist. Je nach Stand in der Partie gibt der Autor interessante Anregungen wie den 'Plus-Gleich-Modus' und die Theorie des unendlichen Widerstands.
Beim "Materialismus" geht es natürlich um die Vernachlässigung immaterieller Faktoren, während beim "Egoismus" die mangelnde Berücksichtigung des Gegners und seiner Chancen auf dem Programm steht.
"Perfektionismus" kann die Ursache für häufige Zeitnot und Verbissenheit sein. Entsprechend geht es hier unter anderem um Maßnahmen gegen Zeitnot, pragmatisches Spiel und Selbstvertrauen.
Die letzte Sünde ist die "Fahrigkeit". Hier geht es um gedankliches Abschweifen und mangelnde Konzentration, wie man dagegen ankämpfen und wie man einen einmal verlorenen roten Faden vielleicht wieder aufnehmen kann.
Diese kurze Zusammenfassung lässt schon ein wenig erahnen, dass es in diesem Buch überwiegend theoretisch zugeht, natürlich gibt es aber auch immer wieder anschauliche Beispiele. Rowson breitet seine Überlegungen weit aus und gibt eine Fülle interessanter Denkanstöße.
Besonders hervorzuheben ist, dass Rowson diese etwas 'trocken' anmutende Materie erfreulich unterhaltsam präsentiert, so dass man dieses sehr lesenswerte Buch nur als rundum gelungen bezeichnen kann.
Ich muss zugeben, dass bei der englischen Ausgabe vor allem die Exkurse in die psychologischen Aspekte meine Englischkenntnisse vor gehörige Probleme stellten.
Um so erfreulicher ist es, dass man sich jetzt auf die deutsche Ausgabe stürzen kann, die sich wie das Original durch ein großes Format (ca. 17x24,5 cm) und einen kompakten und sehr guten Druck auszeichnet.

Schachmarkt 4/2003


Es gibt Bücher, die spannen ihren Untersuchungsgegenstand so weit, dass sie schwer in eine-Kategorie zu fassen sind. Für Schachveröffentlichungen gilt das eher selten, aber Jonathan Rowsons „Die sieben Todsünden des Schachspielers" fällt darunter. Schon der ungewöhnliche Titel heischt nach Aufmerksamkeit und die Unterzeile verrät, dass es um „die häufigsten Ursachen für verhängnisvolle Fehlentscheidungen beim Schachspiel geht". Ein Thema für jeden Fan der 64 Felder. Kann es aber gelingen, etwas für alle zu bieten? Um es vorweg zu nehmen: Ja, wenn man bereit ist, sich viel Zeit zum Lesen, Nachspielen, Nachdenken und Diskutieren zu nehmen. Der Londoner Gambit Verlag hat den Bestseller aus gutem Grund in seiner deutschsprachigen Reihe übersetzen lassen. Rowsons Sprache lebt von epischer Breite und schöpft aus einem großen Wortschatz, weil sich der dritte und jüngste schottische Großmeister die komplexe Aufgabe aufbürdete, eine schachphilosophische Reflektion aus der Sicht eines erfolgreichen Schachpraktikers zu verfassen. Ein solch ausdifferenziertes Gedankengebäude aus dem englischen Original - teilweise mit schottischen Wortspielereien - zu übertragen, erforderte vom Übersetzer Hans-Peter Remmler feines Sprachgefühl. Diese Aufgabe ist gelungen, auch wenn es im Deutschen bisweilen notwendig ist, Sachverhalte umständlicher zu beschreiben. Gegenüber dem Original mit 208 Seiten kommt der übersetzte Band auf 240 Seiten! Der Lesbarkeit tut das keinen Abbruch;, gewöhnungsbedürftig sind der schiere Umfang an Themen, der bildreiche Stil und die häufigen Analogien zu anderen wissenschaftlichen und sportlichen Disziplinen. Aber gerade hierin liegt der Mehrwert gegenüber herkömmlichen Schachbüchern. Viele kennen und schätzen ausführliche Kommentarstile wie sie z. B. Hübner, Timman, Speelman u. a. pflegen, doch Rowson versucht mit seinen umfangreichen Erklärungen nicht vorrangig, in Form von Variantenbündeln der Stellung den letztgültigen Gehalt zu entlocken, sondern mehr zu ergründen, welcher Denkansatz, welche Züge motiviert. Das ist in dieser Tiefe neu, weil schonungslos der Mix von Entscheidungsfaktoren für wichtige, aber eben auch weniger spektakuläre Momente eingegrenzt wird. Geschrieben hat der heute 26-Jährige seine im Jahr 2000 in Großbritannien erschienene Spurensuche während seinem Streben nach dem Großmeistertitel, den er im Alter von 22 Jahren Ende 1999 erhielt. Dabei prädestinierte ihn seine Herkunft nicht gerade dafür: Erst Anfang 1993 tauchte er als 15-Jähriger mit einer Wertungszahl von 2290 Elo in der FIDE-Liste auf. Damals lebte er noch in Aberdeen, der europäischen Erdöl-Kapitale in der nordöstlichen Grampian-Region Schottlands. Die Gegnerschaft überschritt dort selten die Grenze von 2000 Wertungspunkten und zu gut besetzten Wettbewerben war es ein weiter Weg. Doch durch die vielen Wochenend-Open auf der Insel trainierten sich schon zahlreiche Talente die nötige Turnierhärte an. Eine kleine Schachnation mit nicht einmal 3000 Mitgliedern hat auch Vorteile, denn Talente kommen bald unter die Fittiche routinierter Spieler. Für Rowson wurde Paul Motwani, der 1992 zeitgleich mit Colin McNab den ersten Großmeistertitel in den nördlichen Teil des Vereinten Königreichs brachte, zum Mentor. Zahlreiche Beispiele in den populären Büchern Motwanis dokumentieren ihre Zusammenarbeit. Im späten Jugendalter kamen auch internationale Erfolge mit der letzten IM-Norm bei der Jugendweltmeisterschaft in Halle 1995 und mit der Vize-Junioreneuropameisterschaft 1997 im polnischen Zagan. Innerhalb von zwei Jahren realisierte er danach seine GM-Normen, alles parallel zum Politik-, Philosophie- und Volkswirtschaftsstudium in Oxford. Zweimal, 1999 und 2001, gewann er die schottische Einzelmeisterschaft und steht derzeit vor dem Abschluss seines Psychologie-Studiums an der renommierten, amerikanischen Harvard-Universität. Seine ersten Meriten als Schreiber erwarb Rowson in dem kleinen-feinen „Scottish Chess"-Magazin. Dort machte er sich u. a. Gedanken um die Intensivierung von Trainingsmöglichkeiten - speziell für Jugendliche. Einen Artikel für die Ausgabe vom Oktober 1996 schmückte er mit einem Zitat des US-Basketball-Coaches Bobby Knight: „The will to win is not as important as the will to prepare to win." Solche Weisheiten, die kämpferische Mentalität und Motivation vereinen, haben es Rowson, der in den Spielzeiten 2000/01 und 2001/02 einige Bundesligabegegnungen für die SG Solingen spielte, angetan. In seinem Debüt-Buch „Understanding the Grünfeld" (Gambit 1998) ging er damit noch sparsam um, aber der Käufer seines Todsünden-Werks wird förmlich bombardiert. Zunächst wirkt das penetrant, bisweilen aufgesetzt, aber mit zunehmender Aneignung der Materie passt auch das. Rowson bringt Zitate als Quintessenzen der Erfahrungen aus anderen Lebensbereichen, um Verhaltensweisen rund um eine Schachpartie von pointierten Ausgangspunkten zu analysieren. Häufig fließen Diskussionsergebnisse mit prominenten Schachkollegen ein. Die „Theorie des unendlichen Widerstands" kann, beispielhaft für seine Art schachliche Praktiken zu veranschaulichen, angeführt werden. Heute würde man in Deutschland vielleicht das Oliver-Kahn-Zitat voranstellen, aber der Schotte bemüht einen der größten britischen Politiker, Sir Winston Churchill: „Gib niemals auf. Niemals. Niemals. Niemals." Es geht um das Gegenspiel in scheinbar aussichtlosen Situationen und Rowson skizziert fünf Hoffnungsmaxime, um lange „Mumm und Motivation" aufrecht zu halten. Diese sind weniger konkrete Lösungsvorschläge als allgemeingültige Leitlinien unter dem Motto „Nichts ist unmöglich": Der Glanz des Torwarts: „... Sie können daher Ihre Rolle als bloße Verhinderung des Erfolges Ihres Gegenübers sehen. Aber wenn Sie den Elfmeter halten, könnte man auch sagen, dass Sie gewinnen und der Elfmeterschütze verliert, obwohl der Spielstand sich nicht ändert. Der entscheidende Gedankensprung gelingt, wenn Sie den Wettkampf ganz auf diesen einen Moment reduzieren. "
Stiften Sie Unruhe: „Es kommt gar nicht darauf an, dass Sie dem Gegner tatsächliche Probleme auf dem Brett stellen, aber er muss das Gefühl haben, dass Sie genau das könnten, und das wird sein Selbstvertrauen ankratzen. "
Behalten Sie das dritte Ergebnis im Auge: „Wenn der Gegner nicht nur an das Gewinnen, sondern an das Vermeiden der Niederlage denken muss, wächst die Chance, dass er von taktischen Lösungen die Finger lässt aus Angst, er könnte etwas Tödliches übersehen. "
Erpressungsstrategie: „Sie können versuchen, den Gegner mit verlorenen Endspielen zu ,erpressen', die ihn viel Zeit kosten und ihm das Demonstrieren sauberer Endspieltechnik abverlangen werden."
Was ist gut an meiner Stellung?: „Versuchen Sie, die Bedeutung der positiven Aspekte Ihrer Stellung höher zu gewichten und suchen Sie nach Möglichkeiten, diese Aspekte Ihrem Gegner aufzuzwingen. "
Das beeindruckt vielleicht auf den ersten Blick nicht besonders: Man darf keine Wunderdinge erwarten, aber sich schon bemühen, nach mentalen Rettungsankern Ausschau zu halten, um nicht all zu schnell von einer defätistischen Haltung weggetrieben zu werden. Wer kennt nicht die ungezählten Partien, in den man zu früh „abhakte" oder in denen sich der Gegner doch noch in Sorglosigkeit wog? Alles eine Frage der Einstellung und vielleicht überlebt man die nächste kritische Stellung tatsächlich dank einer der vorgeschlagenen Verhaltensweisen. Die Übersicht zu den sieben Todsünden, ihren Symptomen und den Gegenmitteln wird gewiss bei jedem Schachspieler viele weitere Erinnerungen wachrufen. Zwei menschliche und damit auch schachliche Schwächen durchziehen das Auftreten von Fehlentscheidungen. Der Faktor Emotion verleitet zu irrationalen Entscheidungen und es kostet erhebliche Anstrengungen, Gewohnheiten zu ändern. Eigentlich müsste man es daher nach jeder Schachproduktion schaffen, zugleich Ankläger und Richter über seine Züge zu sein. Wer das bislang vernachlässigte, wird es mit Rowsons Denkraster leichter bewältigen. Wie gründlich der Schotte dabei vorgeht, kann hier an einem Partiebeispiel nur auszugsweise mit zwei Stellen veranschaulicht werden. In dem großformatigen Buch mit kleinem, aber angenehm lesbarem Schriftsatz umfasst es mehr als fünf Seiten! Alle Zeichenkommentierungen wurden allerdings übernommen, damit offensichtlich wird, wie umfassend der Prozess sein kann.
J. Rowson - J. Hodgson York 1999, Skandinavisch B 01
1. e4 d5 2. exd5 Dxd5 3. Sc3 Da5 4. d4 Sf6 5. Ld2?! c6 6. Ld3!? Dd8 7. Sge2 g6 8. Lf4 Lg7 9. Dd2 0-0 10. 0-0?! Sbd7 11. Tadl c5! 12. Lh6 Db6 13. Lxg7 Kxg7 14. Sa4 Dc6 15. Sxc5 Sxc5 16. dxc5 Dxc5 17. Dc3! Dxc3 18. Sxc3 Le6
Ein guter Moment um innezuhalten. Ich denke, Schwarz steht hier etwas besser. Die Stellung der Könige bedeutet, dass meine Bauernmajorität von seinen Türmen aufs Korn genommen werden kann, und solange Türme auf dem Brett sind, haben meine Bauern am Damenflügel nicht als Mehrheit an diesem Flügel, sondern als potentielle Schwäche zu gelten. Ich hatte angenommen, zumindest einen Turm abtauschen zu können, aber so einfach geht das nicht. Die d-Linie nützt mir gar nichts, weil es dort keine Einbruchsfelder gibt. Der schwarze König kommt leicht und auf natürlichem Weg (f6-e5) ins Zentrum, mein König wird sich dagegen wohl nicht ohne Inkaufnahme einer Schwächung des Königsflügels zentralisieren lassen. Die Stellung ist also zumindest für Schwarz einfacher zu spielen. Dennoch muss Weiß natürlich nicht verlieren, wenn er gut spielt, und Weiß könnte gar Gewinnchancen bekommen, falls Schwarz überzieht. Ein Abtausch der Springer ist im Sinne von Weiß, denn selbst wenn am Damenflügel etwas schief gehen sollte, würde die verbliebene Konstellation „4 gegen 3" gute Remischancen verbürgen. Ich spürte aber schon hier, dass Julian die Partie wirklich auskämpfen wollte, also hielt ich eine gewisse Spannung in der Stellung, um ihn zum Überziehen einzuladen. 19. Td2?! Tac8 20. Tfdl Tc5! 21. a3?! Tfc8 22. f3?! h6! 23. Se2 Lc4 24. Lxc4 Txc4 25. c3?! e6! 26. Kf2 g5! 27. Td8 T8c7! 28. T1d4 T4c5!? 29. Sg3 Tb5 30. Tb4 Td5 31. Txd5?! Sxd5 32. Ta4!? Sf4! 33. Td4 Tc6 34. Kf1 Tb6 35. Td2 f5! 36. Se2 Sd5 37. Kf2 f4 38. g3 Kf6 39. gxf4 gxf4 40. b4 Ta6! 41. c4 Se3 42. Sxf4? 42. c5! ist stärker. Ich fürchtete, das Auslassen des Schlagens auf f4 später zu bereuen, aber angesichts des nahezu zwangsläufigen Verlusts im weiteren Partieverlauf hätte ich dieser Gefahr wohl oder übel ins Auge sehen müssen. Diese „Furcht, etwas bereuen zu müssen" ist ein merkwürdiger Aspekt des Perfektionismus, auf den wir in Kapitel 6 zu sprechen kommen werden. Ich leide wohl ganz allgemein unter einer gewissen Ungeduld in schwierigen Stellungen. Die Kunst der Verteidigung verlangt oft die Bereitschaft, einige Züge lang einfach schlechter zu stehen. Wer Schwierigkeiten hat, schlechte Stellungen zu spielen, neigt dazu, die Spannung zu früh aufzulösen und damit den Untergang zu beschleunigen. Nach 42. c5 sind folgende Fortsetzungen möglich:
a) 42. ... Sd5!? 43. Td3 Ta4 44. Td3 machen es Schwarz schwer, weiter voranzukommen;
b) 42.... e5 43. Td7 Txa3 44. Txb7 Ta1 war meine Hauptsorge.
Mattnetze flößen mir oft Angst ein, besonders da manche dieser Netze auch noch größer und stärker werden, wenn man auszubrechen versucht. Hier scheint meine Befürchtung aber unbegründet zu sein, denn das Netz hat ein Loch auf e2. Ich spiele einfach 45. Sc3, und die Stellung sieht recht unklar aus. Angesichts dieser Analyse ist mir nicht klar, wie Schwarz seinen Vorteil nach 42. c5 nachweisen kann. Die Varianten zeigen eindrucksvoll, wie groß die Remisbreite im Schach sein kann. Trotz zahlreicher zweifelhafter Züge hatte ich objektiv gesehen immer noch gute Remischancen. Allein, wir können dem Subjektiven während des Spiels nicht entrinnen. 42. ...Sxc4 43. Td7 Txa3! 44. Txb7 Se5 45. Sh5+ Kg6 46. Sg7? Txf3+ 47. Ke2 Tf7 48. Tb5 Sc6! 0:1
Rowson liefert also nicht nur das Vokabular für die kritische Bestandsaufnahme, sondern er zeigt, wie Todsünden im Partienverlauf auftreten, sich gegenseitig bedingen, eigentlich vermeidbar sind, aber doch selbst bei den stärksten Vertretern ihrer Zunft nicht ausbleiben. Für den deutschsprachigen Leser erschließen sich zudem viele nicht so bekannte Partien aus Rowsons eigener Praxis und von britischen Turnieren. Aber auch einige Klassiker von Tal, Botwinnik, Portisch u. a. werden aus gänzlich anderer Warte hinterfragt. „Der Rowson" bietet jedenfalls ein überreiches Füllhorn an Betrachtungsweisen, sein eigenes Spiel zu prüfen. Es sollte insbesondere Schachtrainern empfohlen werden, um ihren Schülern Defizite in bestimmten Spielsituationen anschaulich erklären zu können. Wer sich intensiv mit den Todsünden des Schachspielers beschäftigt, wird hier sicher einige Marker-Stifte verbrauchen - und das ist auch gut so.

Harald Fietz, Schachmagazin 64 18/2003


Schottlands jüngster Schachgroßmeister untersucht die häufigsten Ursachen für verhängnisvolle Fehlentscheidungen beim Schachspiel
Todsünden - und davon gleich sieben? Im Dogma der mittelalterlichen Kirche meinte Todsünde die Abkehr von Gott als Grundentscheidung; also das Schlimmste, was dem Christenmenschen in den Sinn kommen konnte. Am Ende der ersten Seite kriegt der Autor zum Glück die Kurve in seiner Schach-Theologie, eingeleitet durch die Fürbitte der Heiligen Theresia von Avila: Zwar können wir niemals ganz frei von Sünde sein; aber gib, dass wir wenigstens nicht immer die gleichen Sünden begehen. Es geht also um schachliche Sünden, von denen es etliche gibt - und die wir, wenn wir sie schon nicht ganz vermeiden können, wenigstens nicht zwanghaft wiederholen sollten. Der schottische Großmeister Jonathan Rowson, er ist erst 26, provoziert gern ,auf Teufel komm raus'. Sünden im Schach werden für Rowson immer dann begangen, wenn wir die schachliche Wirklichkeit verkennen auf Grund eigener ,moralischer' Schwächen. Seine sieben Todsünden sind die häufigsten Typen solcher Fehlwahrnehmungen - mit weiteren Partiefehlern als Folge. Die erste Sünde heißt Denken - die nächste Provokation! Damit meint der Autor das bürokratische, schablonenhafte Abspulen von Gelerntem, zu viel Rationalität. Besser seien Intuition und Einfühlen in die Stellung, mehr seinem Unterbewussten vertrauen, geistig flexibel bleiben. Zum Einstieg ins intuitive Spielen rät der junge Schotte, mit den Figuren zu sprechen, nach ,Omen' Ausschau zu halten, generell das Schauen zu lernen. Rowson zitiert A. de Groot, den Vater der Schachpsychologie: Der Meister rechnet nicht mehr als der Experte. Er sieht mehr, und vor allem, er sieht die wichtigeren Dinge. Auch Humor und Lust gehören für den jungen Schotten zum rechten Denken am Brett: Wir sollten immer auch witzige Züge und skurrile Varianten im Auge haben, beim Schachspielen die Lust pflegen - und dessen komische Seiten. Blinzeln (engl. blinking) ist die zweite Sünde. Wer „blinzelt", verpasst den günstigen Moment in der Partie, erkennt nicht den Wendepunkt, hört nicht die Signale. Beim Blinzeln sehen wir Stellungen, wo wir Trends erkennen sollten oder bemerken den Trend, nicht aber den kritischen Moment. Als Gegenmittel verordnet Rowson Sensibilität. Wenn zum Beispiel Initiative notwendig ist, sich einem negativen Trend entgegen zu stemmen, dann muss sie auch kommen! Passend dazu philosophiert der römische Dichter Seneca: Nicht weil die Dinge schwierig sind, wagen wir sie nicht, sondern weil wir sie nicht wagen, sind sie schwierig. Offensichtlich hat Jonathan eine Schwäche für Sprichwörter und Lebensweisheiten, von Karl Marx über Picasso bis zu Bruce Lee - das Panoptikum ist groß.
Die dritte Sünde ist das Wollen (engl. wanting). Rowson meint damit zu viel Verbissenheit oder überzogene Erwartungen, auch Sorglosigkeit mit vorzeitigem „inneren Abhaken" des Gewinnes. Dagegen helfen die rechte Motivation, Mut und Entschlossenheit bis zum Partieende. Im englischen Original heißt das Gegenmittel „Gumption"; es ist ein altes schottisches Wort aus dem 18. Jahrhundert und bedeutet, entschlossen und zuversichtlich eine Aufgabe angehen. Übersetzer Hans-Peter Remmler kommentiert ,Gumption' in einer längeren Fußnote - er hatte keinen leichten Job mit Rowsons Englisch, dessen Sprachwitz und Wortschatz. Eine weit verbreitete Schachsünde ist der Materialismus: das Material werde über- und die dynamischen Faktoren der Stellung unterschätzt. Im Kapitel kümmert sich der Autor auch detailliert um die Kraft der einzelnen Figuren. Wissen Sie, in welcher Eigenschaft sich der Turm von allen anderen Figuren grundsätzlich unterscheidet? Alle Figuren nehmen zum Zentrum hin zu an Dynamik (= Felderkontrolle) -nicht aber der Turm. Ob zentriert oder am Rand, er beherrscht immer 14 Felder. Rowson jedenfalls sei diese Eigenheit des T erst klar geworden, als er schon GM war.
Die Sünde nächst dem Materialismus ist der Egoismus. Dem Egoisten mangelt es an Objektivität, ihn behindern Überheblichkeit oder Ängste, Selbstzweifel oder das hohe Rating seines Gegners, manchmal auch die Zuschauer. Oft will er alles - und zwar sofort, dem Gegner Zugeständnisse machen ist nicht seine Sache. Geschlagen ist vor allem der Amateur mit dieser Sünde, weil er regelmäßig sein Gegenüber und dessen Möglichkeiten schlicht vergesse. Bemerkt der Amateur dann, was ihm droht, reagiert er wieder egozentrisch: mit Selbstvorwürfen, Angst oder Konfusion. Gegen Egoismus im Sinn von Rowson helfen stete Wachsamkeit aus psychologischer Sicht (Verantwortung) und positioneller Sicht (Prophylaxe).
Eng verwandt dem Egoismus ist der Perfektionismus - betroffene Spieler können „den Hals nicht voll kriegen". .Perfektion' kann auch als Lähmung buchstabiert werden (Winston Churchill) - und die Gelähmten im Schach, das sind die Zeitnot-Süchtigen. Eingehend widmet sich Rowson dieser Sucht, seine Analyse ist so originell wie gnadenlos, er nennt 18 Ursachen - und was man dagegen tun kann. Unter den Perfektionisten finden sich auch die „Abkupferer", sie kopieren Varianten ohne das dafür notwendige Verständnis, und werden prompt abgestraft. Dann sind da auch die „Moralisierer", die gern den Oberlehrer geben und den Gegner ,bestrafen' wollen für dessen schachliche Frechheiten. Das Heilmittel gegen den Drang zum Perfektionismus lautet: mehr Selbstvertrauen! Die letzte Sünde heißt in der deutschen Fassung Fahrigkeit (engl. looseness) -so umschreibt der Schotte ein breites Spektrum gedanklicher Nachlässigkeiten. Das reicht von zu wenig Konzentration über das Gefühl, den ,Faden verloren' zu haben bis zum lähmenden Entsetzen. Ursachen sind das Abdriften der Gedanken, zum Beispiel wenn wir verpassten Chancen nachtrauern, oder auch Nervosität bis blanke Panik, wenn eine vermeintlich ruhige Stellung plötzlich aus den Fugen gerät. Rowson nennt den Extremfall ,Neuronales Kidnapping': Der Spieler wird so heftig von seinen Gefühlen überwältigt, dass er nicht mehr klar denken kann, buchstäblich nicht mehr Herr seiner Sinne ist. Dem könne vorgebeugt werden: „Erwarten Sie immer das Unerwartete - oder richten Sie sich darauf ein!". Interessant auch die Überlegungen zum „Spannungstransfer": Objektiv wäre es oft besser, die Spannung im Zentrum aufrecht zu halten und abzuwarten. Die andauernde Ungewissheit quält den (fahrigen) Spieler bei jeder Zugwahl so stark, dass er sie nicht lange erträgt und auflöst - obwohl das für ihn nachteilig ist. Schachliche Meisterschaft besteht nach Jonathan Rowson auch darin, solche inneren Kämpfe erfolgreich zu bestehen und die Kontrolle über eigene Entscheidungen und die Gefühle dahinter zu behalten. „Fahrigkeit" soll mit Konzentration kuriert werden.
Alle Sünden erläutert Rowson mit Partien und Fragmenten, darunter Klassikern, Beispielen aus der jüngeren Vergangenheit und eigenem Material. Dabei geht der junge GM humorvoll zur Sache, eigene Partien kommentiert er selbstkritisch, offen schildert er seine Gefühle, und das Ganze würzt er mit feiner Selbstironie. Rowson kommentiert wortreich, wie überhaupt das Buch viel Text enthält - sicher hätte er manches kürzen können. Mehr stören die seichten Exkurse in die Philosophie und das Gebräu aus Taoismus, Zen, Newage und Trivialpsychologie, das in einigen Kapiteln angerührt wird. Sogar Anleihen an die Spezielle Relativitätstheorie macht der Autor. Weniger wäre hier mehr gewesen. Zum Glück besinnt sich Rowson immer wieder auf sein Anliegen: die mentalen Probleme am Brett - und findet zurück zum Schach. Dann ist sein Buch lehrreich, anspruchsvoll und unterhaltsam zugleich. „Die Sieben Todsünden" wenden sich an Turnierspieler, die den Willen und die Fähigkeit zur Selbstreflektion aufbringen: Wer bereit ist, sein Denken und Handeln am Brett auf fast psychoanalytische Weise zu erforschen auf typische Mängel hin, dem hilft der junge Großmeister, die Wechselwirkung zwischen Gefühlen und schachlichen Entscheidungen besser zu verstehen - und Lehren zu ziehen. Ein sehr originelles Buch.

Dr. Erik Rausch, Rochade Europa 10/2003


In seinem Werk gibt der schottische Großmeister eine Fülle von Denkanößen, und zwar auf ausgesprochen unterhaltsame Art. Er untersucht hier, was dazu führt, dass die Schachbisweilen die schrecklichsten Fehlentscheidungen treffen und be dabei die tückischen psy Ursachen für solche Fehlentscheidungen. Das Thema wird in sieben Kapiteln untersucht: Denken, Blinzeln, Wollen, Materialismus, Egoismus, Perfektionismus und Fahrigkeit. Eine interessante Arbeit.

J. Konikowski, Fernschach International 06/2003
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