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LXYERDWZVIS

Der Weg zur Verbesserung im Schach

256 Seiten, kartoniert, Gambit

18,95 €
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Final vergriffen
„Wie kann ich mein Spiel verbessern?" ist die ewige Frage, die sich Schachspieler stellen.
Zu dieser Frage gibt es keine leichten Antworten, aber Alex Yermolinsky hat die besten Qualifikationen, um Ratschläge zu erteilen. Nachdem er die berühmte „Sowjetische Schachschule" für unzureichend befunden hatte, betrieb er ein Selbststudium. Langsam, aber sicher verbesserte er sein Spiel auf das Niveau eines Großmeisters der Spitzenklasse.
Mit erfrischender Offenheit gibt er viele der Einsichten weiter, die er im Laufe der Jahre als Spieler und Trainer gewonnen hat. Er führt den Leser von oberflächlichen Herangehensweisen weg und konzentriert sich auf die kritischen Gebiete des Schachverständnisses und der Fällung von Entscheidungen am Brett.
Dieses unterhaltsam geschriebene Buch bietet vollkommen neuartige Behandiungsweisen vieler Gebiete des Schachverständnisses. Unter anderem sind folgende Themen enthalten:
Optionen, den Lauf der Partie zu ändern
Die Bürde geringer Vorteile
Wozu Abtausche dienen
Ein Wiedersehen mit den Klassikern
Computerschach
Ein großer Teil des Buches befasst sich mit verschiedenen wichtigen Eröffnungssystemen und zeigt unter anderem, wie man unkonventionelle, aber gefährliche Eröffnungsvarianten, wie den Grand-Prix-Angriff bekämpft.
Großmeister Alex Yermolinsky ist einer der stärksten Spieler in den Vereinigten Staaten. Er war Meister der USA im Jahre 1996 und gewann die offene Meisterschaft der USA 1995 und 1997. Er hat die USA bei vier Olympiaden vertreten und spielte am zweiten Brett für die Mannschaft, die die Mannschaftsweltmeisterschaft 1993 gewann. Seine Referenzen als Lehrer sind nicht minder beeindruckend. Er half Irina Levitina in den Jahren 1982-84 bei ihrem Versuch, die Weltmeisterschaft der Damen zu gewinnen, außerdem befinden sich unter seinen Schülern Großmeister der Spitzenklasse, wie Alexander Khalifman und Wladimir Jepischin. Nach seiner Ankunft in den Vereinigten Staaten 1989, fuhr er fort Schach zu lehren; einer seiner Schüler, Boris Kreiman, gewann die USA-Meisterschaft der Junioren 1993. Mit seiner „Yermo Schachakademie" lehrt er Schach auch online. Durch seine in Zeitschriften veröffentlichten Artikel hat er sich den Ruf eines ausgezeichneten Autors erworben. Dies ist sein erstes Buch.
Weitere Informationen
EAN 9781901983777
Gewicht 440 g
Hersteller Gambit
Breite 17,2 cm
Höhe 24,8 cm
Medium Buch
Autor Alex Yermolinsky
Sprache Deutsch
ISBN-10 1901983773
ISBN-13 9781901983777
Seiten 256
Einband kartoniert
Inhalt

004 Symbole
005 Einführung

007 Ein kurzer Überblick, worum es in diesem Buch eigentlich geht
007 Unentschlossenheit kann fatal sein
012 Wenn Gefühle regieren

019 Teil 1: Trends, Wendepunkte und emotionale Schwankungen
022 Eine ziemlich lange Partie mit einem kleinen Bonus
032 Optionen, den Lauf der Partie zu ändern
049 Jetzt alle Brücken hinter sich abbrechen oder den Status quo beibehalten?
054 Die Bürde geringer Vorteile
062 Das Monster überleben

070 Teil 2: Eröffnungen und frühe Mittelspielstrukturen
073 Die Abtauschvariante im Damengambit: Flexibel bleiben in einer starren Bauernstruktur
080 Wie gut sind die Zentrumsbauern im Grünfeld-Indisch?
097 Nebenvariante im Wolga-Gambit
114 Ruhig bleiben; Es ist nur Benoni
123 Der einst gefürchtete Grand-Prix-Angriff hat seinen Schrecken verloren
136 Auf dem Kriegspfad: Der Sizilianische Gegenangriff
152 Die Vor- und Nachteile des Doppelfianchettos
164 Ein letztes Wort über Eröffnungen

172 Teil 3: Taktische Meisterschaft und strategische Fähigkeiten
174 Wozu Abtausche dienen
182 Ein Wiedersehen mit den Klassikern oder die Fehlausbildung von Alex Yermolinsky
189 Zurück zum Abtauschgeschäft - Der neue liberale Ansatz
196 Von berechenbarer Taktik zum kombinatorischen Verständnis
213 Die Anzahl der Bauern ist nur ein weiterer positioneller Faktor

230 Lassen Sie uns über Computerschach sprechen

238 Index der Eröffnungen
238 Index der Spieler
REZENSION DER ENGLISCHEN AUSGABE ("The Road to Chess Improvement"):
This is a magnificent achievement, by far the finest book I've ever seen on the subject of practical play. The best way to describe the impression I got when reading this book is to relate a personal experience. When I try to think of the times when I've learnt the most about chess, my mind always goes back to the rare times during team events that the English team analysed together. Spess (Speelman) would throw pieces around like a wild animal (Incidentally Yermo quotes Shabalov on his criteria for complicating games: that his main concern lies in the variety of ideas present in the positions he can reach in his calculations. If he feels this variety growing, then it's a good sign and he can forge ahead. This sounds to me uncannily like something that Jon Speelman, another chaos-manufacturer once said to me, Jules (Hodgson) would interrupt with comments like 'Weeellll, at the end of the day, when awlllll is said and done...it's just not very clear' but you always waited for one of Mickey's (Adams) laconic comments on the position. You might have a long row of variations and then Mickey would just come out with a comment like 'Hmm, that square looks a bit Czech Benoni [bad] to me...' It revealed something not about a specific line or even a specific position, but more about his way of looking at chess, his attitude under certain circumstances. I felt that I was getting an insight into a way of looking at chess that was so different to my own.
It is this sort of richness that characterises The Road to Chess Improvement. It's written in such a highly personal manner and with such honesty that you really begin to see chess through the eyes of the writer. Throughout the book, there were so many places where I just nodded and said - 'That's right, that's exactly what it is like to play chess. I've made those mistakes myself'. The way he identifies trends in games of chess (one bad move starts a downward trend, and psychological weakness continues it) struck a chord in particular.
The book works excellently on so many levels - as an opening book (the Grünfeld section on the typical Grünfeld pawn structure is particularly good) as a middlegame book (plenty of good advice is given on dynamic pawn sacrifices) and as a self-help guide for wanna-bee strong players. It's a really great book. Buy it!

Matthew Sadler, New in Chess Magazine 1/2000
Der 1989 in die USA ausgewanderte Leningrader GM Alexander Yermolinsky berichtet in seinem Erstlingswerk als Schach - Autor über die Bedingungen und Schwierigkeiten auf dem Weg zur Verbesserung der Spielstärke. Dabei weiß der 41jährige genau, wovon er schreibt, hat er doch selbst einen steinigen Weg der kleinen Schritte hinter sich, welcher ihn schließlich im reifen Alter von 34 Jahren zum GM - Titel, zum dreimaligen US - Meister, zum Olympiateilnehmer und mit einer seit langem über 2600 liegenden Elozahl in die Top 100 der Weltrangliste geführt hat. Seine erfolgreiche Teilnahme an unzähligen Open -Turnieren mit durchschnittlich etwa 150 Partien pro Jahr hat ihm den respektvollen Spitznamen "Yerminator" eingetragen, und zusammen mit seinem Freund und Mitarbeiter Boris Men hat er die "Yermo Chess Academy" gegründet, wo er auch schachpädagogisch tätig ist.
Das Buch bietet eine Mischung aus allgemeinen Ratschlägen, tiefer schürfenden Betrachtungen und teilweise sehr detaillierten Partieanalysen (105 Partien bzw. -fragmente vom Autor selbst sowie weitere 18 von anderen Spielern), wobei "Yermo" seine eigenen reichen Erfahrungen weitergeben will. Bereits im Vorwort geißelt er das Übel der Entschlußlosigkeit in kritischen Situationen und streicht die Bedeutung der Gefühle des Spielers während des Partieverlaufs heraus (S. 7-17). Letzteren Punkt führt er im ersten Teil (S. 18-64) über "Trends, Wendepunkte und emotionale Strömungen" weiter aus : welches Verhalten soll der Spieler zeigen, wenn sich seine Aussichten verschlechtern, soll er alle Brücken hinter sich abbrechen oder den Status quo aufrechterhalten; wie soll er kleine Vorteile ausnützen, wie gegen Elo-Stärkere auftreten? Die Beantwortung solcher Fragen macht der Verfasser außer von den objektiven Gegebenheiten der Position auch von persönlichen Charaktereigenschaften abhängig; dazu hat er einen speziellen Testbogen entworfen (S. 19).
Im zweiten, umfangreichsten Abschnitt über "Eröffnungen und frühe Mittelspielstrukturen" (S. 65-160) demonstriert Yermolinsky flexible Behandlungsweisen in der Abtausch - Variante des Damengambits, in Grünfeld - Indisch, beim Benkö - Gambit, Benoni, beim Grand - Prix-Angriff, beim sizilianischen Gegenangriff und beim Doppelfianchetto - Aufbau. Abschließend rät er zum Aufbau eines Eröffnungsrepertoires, welches aus verschiedenen Spielanfängen heraus zu ähnlichen Mittelspielstrukturen führt, wodurch sich der Spieler möglichst lange in vertrauten Bahnen bewegen kann.
Der dritte Teil handelt von "taktischer Meisterschaft und strategischen Fertigkeiten" (S. 161-215). Hier legt "Yermo" großen Wert auf die Entwicklung des kombinatorischen Verständnisses, was für ihn weit mehr bedeutet als eine rein rechnerisch kalkulierbare Taktik. Von seinem eigenen Werdegang erzählt er, daß er früher auf streng positionellen Wegen mit vielfachen Abtauschaktionen und mit großem Geschick im Endspiel zum Erfolg kommen wollte - und bis zu einer Spielstärke von Elo 2400 auch kam. Der Sprung zum Großmeister aber glückte erst dann, als er auch das Gambitspiel und scharfe taktische Wendungen und Verwicklungen in sein Spiel einbezog. Zu diesem Thema wartet er mit einer Vielzahl von Beispielen auf.
Daß bei diesem löblichen Unterfangen nicht alles glatt gehen kann, liegt auf der Hand. Hier ein krasses Beispiel (S. 185):
Ehlvest - Yermolinsky, National US - Open 1994 (Weiß: Ke1 / Dd2 / Td1, h1 / Le2, e3 / Ba2, b3, e6, f4, h2; Schwarz: Kg8 / Dg2 / Tf8, a8 / Lg7 / Sg6 / Ba6, b6, d6, f5, h7) :
Weiß zog hier 21. Dd5??, was "Yermo" mit 21. ...D:d5 beantwortete, um später im Endspiel zu verlieren. Statt dessen hätte er mit 21. ...Lc3+!! die weiße Dame gewinnen können!
Das letzte Kapitel ist dem Computerschach gewidmet (S. 216-222), wobei der Autor vier von ihm gegen Fritz 4 gewonnene Blitzpartien aus den Jahren 1996 und 1997 vorführt. Das Buch besticht vor allem durch die Ehrlichkeit des Verfassers: Er hat auf dem harten Weg zur Steigerung der Spielstärke keine Patentrezepte anzubieten, er nennt komplexe und schwierige Sachverhalte bei der Entscheidungsfindung am Brett beim Namen und hütet sich vor vereinfachten Darstellungen, er räumt freimütig eigene Schwächen, Fehler und Unzulänglichkeiten ein (was ihn dem Amateur noch sympathischer macht), und er versucht wirklich, den Leser an seinem reichen Erfahrungsschatz teilhaben zu lassen. Überdies will er auch Einsichten vermitteln, die über eine oberflächliche Betrachtung schachlicher In- und Gehalte weit hinausreichen.
Wer Ehrgeiz und Ausdauer genug mitbringt, sich ernsthaft auf "Yermo" einzulassen, der liegt bei dessen Erstlingswerk goldrichtig. Allerdings muß er des Englischen mächtig sein.

Rochade Europa 4/2000
"Die Wirrungen des Zöglings Yermolinsky"
Wer hat eigentlich die sowjetische Schachschule erfunden? Das müssen Journalisten aus dem Westen gewesen sein. War doch eine prima Erklärung für die Überlegenheit der sowjetischen Großmeister. Leute, hört auf Alex Yermolinsky (Freunde und Patzer nennen ihn Yermo) : Die sowjetische Schachschule ist ein Mythos. Ein Gebäude, das diesen Namen trägt, gibt es nicht !
Natürlich, ganz so einfach ist es nicht. Es gab Pionierschachgruppen, Hundertschaften staatlich bezahlter Trainer, die Auslese Besten - streitet derYermo gar nicht ab. Nur war das in der Praxis längst nicht so wirkungsvoll, wie man es sich andernorts vorstellt.
In seiner Jugend fand sich Yermo im Zentralen Leningrader Schachklub unter den Fittichen des unvergessenen Wladimir Grigorewitsch Zak, dessen wesentlicher Verdienst darin bestand, in einer Schar lärmenden Kinder das unübersehbare Talent Boris Spasski nicht zu übersehen. Zaks Kenntnisse der Eröffnungstheorie endeten um das Jahr 1947 herum. Andere Eröffnungen als 1. e4 e5 und 1. d4 d5 kamen in seinen Lehrstunden nicht vor. Überhaupt wenig anderes als das Zweispringerspiel. Zu Zaks pädagogischem Repertoire zählte das Übertragenlassen der Varianten dieser wichtigen Eröffnung in Übungshefte. Wie die jungen Leningrader schon damals sagten: Wer solche Trainingsmethoden übersteht, muss einfach eine große Zukunft vor sich haben.
Yermo hatte keine, jedenfalls anfangs nicht. Der Fuchtel Zaks entkommen ließ er sich von der Verachtung der Positionsspieler für "inspirierte Kämpfer" wie ihn anstecken. War es nicht verachtenswert, sich unbeseelt von tiefen Plänen durch Rechnen Zug für Zug durch die Partie zu mühen?
Zwei Jahre verbrachte er damit, ein Positionsspieler zu werden. Ein Positionsspieler war jemand, der eine Partie sauber und ohne taktische Mätzchen führte. Nach zwei Jahren hatte Yermo 50 Elopunkte weniger. Schließlich nahm er sich die beiden WM-Kämpfe zwischen dem Taktiker Tal und Botwinnik, dem Idol der Positionsspieler, vor. Bei der Analyse ihrer Partie stellte er fest, dass die beiden längst nicht so unterschiedlich spielten, wie es die Jpurnalisten immer behaupteten.
Jahre stagnierte er auf dem Niveau eines schwachen bis mittelmäßigen Meisters. Was seinem Spiel fehlte, begriff er nicht, bis er 1980 begann, mit Mark Zeitlin zu analysieren. Zeitlin (der erst mit 54 Jahren Großmeister wurde und mittlerweile in Israel lebt) brachte ihm bei, was Initiative ist. Bis dahin hatte Yermo Initiative für die logische Folge logischer Züge gehalten. Wie man um sie kämpft, hatte er nicht gewusst. Von Zeitlin lernte er, mit dem Verlust eines geopferten Bauern zu leben. Ein Bauer minus war nicht mehr als ein Faktor einer Stellung neben anderen.
Knapp zehn Jahre später kehrte Yermo der Sowjetunion und ihrer überschätzten Schachschule den Rücken. Großmeister war er noch immer nicht, stand aber immerhin kurz davor. Auf Open - Turnieren in Europa und in den Vereinigten Staaten, wo er sich bald niederließ, begann er, die Früchte seines unsteten, von Eröffnung zu Eröffnung springenden Spiels zu ernten. Um schwächere Spieler abzugreifen, waren seine Varianten besser geeignet als das orthodoxe Damengambit, mit dem sich mancher russische Großmeister abmühte. Und gegen Stärkere verstand es Yermo mit Hilfe der Datenbanken, das Passende aus seinem breiten Repertoire herauszusuchen. Eröffnungen, so hatte er für sich beschlossen, lernt man nicht durch Variantenbüffeln, sondern durch Erproben und die spätere Analyse. Bei amerikanischen Open hatte er genügend schwache Gegner, gegen die ein Experiment riskiert werden konnte. So ging ein Mann seinen Weg, und dieser Weg hat Yermo mit 34 Jahren ins amerikanische Nationalteam und im zarten Alter von 39 Jahren ans erste Brett dieser starken Schachnation geführt.
"The Road to Chess Improvement" ist Yermolinskys erstes Buch. Im Prinzip ein Lehrbuch für sehr Fortgeschrittene (die aufgefordert sind, ohne Hilfe eines Brettes von Diagramm zu Diagramm mitzudenken), liest es sich mal wie Smalltalk in einer amerikanischen Bar, mal wie ein Entwicklungsroman. Yermo gibt nicht vor, ein bestimmtes Thema abzudecken. Es geht ihm um die schwere Arbeit der Selbstverbesserung durch die Analyse der eigenen Partien, diesen wichtigsten Faktor, dem er seinen Aufstieg zum starken Großmeister zuschreibt.
Yermolinsky schreibt über verbreitete Sünden wie Unschlüssigkeit in besserer Stellung. Vorteile werden gern festgehalten, bis sie keine mehr sind, statt sie rechtzeitig in andere Vorteile umzuwandeln. Daraus leitet er auch eine Strategie für den Verteidiger ab : Dem Gegner mehrere gute Möglichkeiten anzubieten, von denen er vielleicht nicht die Energischte wählt und seinen Vorteil einbüßt.
Ein Zeichen echter Stärke sei es, seine Chancen wahrzunehmen, wenn sich nach langer Verteidigung das Blatt wendet. Schließlich ist ein Gegner, der sich über verpasste Chancen ärgert, ein anfälliger Gegner.
Die Partien und Partiefragmente, vorwiegend eigene, sind nicht die, die man üblicherweise findet. Für Spieler bis 2000 Elo seien die üblichen Lehrbücher ganz brauchbar, ab diesem Nivea eher schädlich, findet Yermolinsky. Die angeblich wissenschaftliche Methode, die Schachlehre in positionelle Lehrsätze zu zerstückeln, die in Wahrheit nicht mehr sind als Wahrscheinlichkeiten, verrate mehr über die Vorlieben der Autoren. Generationen von Lehrbüchern präsentieren die Partie Janowski - Capablanca, New York 1916, ohne die gröbsten Fehler auch nur zu erwähnen (Janowski hätte im 21. Zug leicht remis machen können). Auf Klassiker wie Aljechin "Meine besten Partien 1908-1923" und Nimzowitschs "Mein System" lässt er wenig kommen. Nur müsse man bei der Lektüre berücksichtigen, dass beide einen Hintergedanken verfolgten: Aljechin und Nimzowitsch wollten so brillant wie möglich dastehen, um ihren Anspruch auf einen WM-Kampf zu untermauern.
Yermolinsky warnt vor einer neuen Welle von Eröffnungsautoren, die Schemata und Ideen anpreisen, mit denen man den Partieanfang meistern könne, ohne viele Varianten zu lernen (1. ...g6 gegen alles etwa). Sein Urteil ist hart, aber es kommt mit Selbstkritik einher. In seinen Anfängen als Schachlehrer sei er der gleichen Versuchung erlegen, Systemeröffnungen anzubieten, dieses genüge zu verstehen. Bis ihm klar wurde, dass ein Großmeister seinen Schülern mehr oder weniger alles weismachen kann. Sogar dass die Sowjetische Schachschule eine Erfindung des Westens ist.

Schach 04/2000
Angesichts des großen Anteils, den die Eröffnungswerke in der Schachliteratur beanspruchen, ist es immer eine erfreuliche Abwechslung, wenn ein Autor den Versuch unternimmt, eine Verbesserung der Spielstärke nicht nur auf eine Vertiefung der Eröffnungskenntnisse zu reduzieren.
Ein aktuelles Beispiel ist "The Road to Chess Improvement" von Alex Yermolinsky, und es lohnt sich wirklich, darauf ein bißchen näher einzugehen. Der Untertitel "Solutions for real-life chess problems" faßt seinen Ansatz recht treffend zusammen, denn in diesem Buch geht es um Situationen, die jedem Leser bestens bekannt sein dürften.
Im ersten Kapitel geht es darum, auf Entwicklungen im Laufe einer Partie angemessen zu reagieren. Wichtiges Thema ist beispielsweise, wie man auch in schlechten Stellungen kühlen Kopf behält, ob man zu einer hartnäckigen Verteidigung bereit ist oder alles auf eine Karte setzt und einen Befreiungsschlag riskiert. Hierbei spielen die eigenen Stärken und Schwächen natürlich eine wichtige Rolle, deshalb hilft Yermolinsky dem Leser auch, diese herauszufinden.
Anschauungsmaterial bieten dann sehr ausführlich kommentierte Beispiele. Im zweiten Kapitel wird anhand einiger wichtiger Strukturen der Übergang aus der Eröffnung ins Mittelspiel erläutert, z.B. Karlsbader Bauernstruktur, Zentrumsbauern im Grünfeldinder, ein Aufbau mit 4. Sf3 gegen das Wolga - Gambit, zwei Abschnitte über Sizilianisch und noch einiges mehr.
Das dritte große Kapitel beschäftigt sich mit Strategie und Taktik. Fazit: "The Road to Chess Improvement" packt eine Fülle praktischer Probleme an und bietet dank der vielen und gut kommentierten Partien reichlich Studienmaterial.
Einen weiteren Pluspunkt vergebe ich für den unterhaltsamen Stil, mit dem Yermolinsky sein Lehrbuch aufzulockern versteht. Voraussetzung für ein sinnvolles Arbeiten mit diesem Buch sind ausreichende Englischkenntnisse sowie natürlich die Bereitschaft, ein gewisses Maß an Zeit und Energie zu investieren.

Schach-Markt 3/2000
Alex Yermolinsky zählt seit Jahren zu den stärksten Großmeistern der USA ; sein Buch ist nicht nur eine sorgfältig kommentierte Auswahl seiner Partien, sondern es liefert auch viele Denkanstöße von einem, der zuerst die sowjetische Schachschule und ihre Trainingsmethoden kennengelernt hat, seit 1989 aber in den USA lebt und dort in Wochenend - Opens in den ersten Runden gegen weit Schwächere anzutreten hat. Man kann annehmen - und die Erfolge des USA - Landesmeisters 1996 beweisen es ja -, dass er aus beiden Welten das Beste für seine Berufsauffassung ausgewählt hätte. Es wird keinem schaden, die eigene Einstellung zum Schach mit den freimütig geäußerten Gedanken von Yermolinsky zu vergleichen. Teile des Buches sind zum Beispiel überschrieben : "Trends, Wendepunkte und Gefühlsschwankungen", und "Taktische Meisterschaft und strategische Fähigkeiten".
Er wendet sich aber vehement gegen Buch- oder Videoautoren, die ungewöhnliche Eröffnungen als ein Idealmittel propagieren, um stärkere Spieler "aus der Theorie zu werfen". Auf Seite 114 beschreibt er den Fall eines Freundes, der im Laufe der Jahre ein fanatischer Anhänger von Systemen wie 1. e4 c6 2. d4 d5 3. Sc3 dxe4 4. f3 wurde.


Auch die zweite deutsche Neuerscheinung von Gambit Publications beschäftigt sich mit einem breiten Spektrum an Themen, um die Spielstärke zu verbessern. Wir haben diese Buch, für das der Autor Alex Yermolinsky in den USA bereits eine Auszeichnung erhalten hat, schon in der Ausgabe 3/2000 vorgestellt und wollen uns daher etwas kürzer fassen. Der Ansatz dieses ambitionierten Werkes ist die Erörterung von Problemen, mit denen man im Turnieralltag immer wieder konfrontiert wird. Bereits das erste Kapitel behandelt einige sehr wichtige Themen, die jeder schon oft genug in seinen Partien erlebt hat: Wie reagiert man angemessen auf die Entwicklungen in einer Partie, wie behält man in schlechten Stellungen einen kühlen Kopf, und soll man zu einer hartnäckigen Verteidigung oder einer riskanten Gegenaktion greifen? Außerdem geht es um das Erkennen von Trends in einer Partie und den Möglichkeiten, diesen entgegenzuwirken.
Das hängt natürlich auch sehr von den Stärken und Schwächen eines Spielers ab, deshalb hilft Yermolinsky dem Leser, diese herauszufinden und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Ausführlich kommentierte Beispiele aus seiner Spielpraxis bieten gutes Anschauungsamaterial. Das zweite Kapitel behandelt die Eröffnung und Strukturen im frühen Mittelspiel. Hier führt Yermolinsky seine Art der Eröffnungsvorbereitung an mehreren Beispielen sehr ausführlich vor. Besprochen werden z.B. die Abtauschvariante im Damengambit, die Rolle der weißen Zentrumsbauern im Grünfeldinder, außerdem zeigt er seine Erfahrungen mit weißen Umgehungsversuchen der Hauptvariante im Wolga-Gambit. Weitere Themen sind Benoni-Strukturen, der Grand-Prix-Angriff und Yermolinskys Scheveningen-Najdorf-Aufbau mit Schwarz.
Im dritten Teil des Buches geht es um Strategie und Taktik. Vor- und Nachteile von Abtauschkombinationen, oberflächliche Partiekommentare, moderne Abtauschaktionen abseits aller Schablonen, verbessern des Blicks für Taktik und ihrer Berechnung, und zu guter Letzt geht es auch noch um aussichtsreiche Bauernopfer und die Rolle des Computers im Schach. Dabei profitiert der Leser auch von der großen Erfahrung des Autors als Spieler und Trainer, die Yermolinsky in diesem erfrischend offenherzigen Buch immer wieder durchblicken lässt und so nebenbei auch noch für kurzweilige Unterhaltung sorgt.

Schach-Markt 1/2003



Kommt Ihnen der Slogan „Hier wird das Geheimnis großmeisterlicher Spielkunst gelüftet" bekannt vor? Meist enthalten solche Bücher oberflächlich kommentierte Partien, ein paar herzliche Ratschläge und vielleicht noch ein bisschen Motivationsschulung. Erfolg im Leben leicht gemacht, 15 kg Gewichtsverlust garantiert ohne Hungern in drei Wochen... Yermolinskys Buch hebt sich weit von diesem Ratgeber - Einerlei ab. Der Autor, im folgenden kurz „Yermo" genannt, berichtet offen und ehrlich über seinen mühseligen Weg zu einem Elo - 2600er, über Fehlschläge und Irrwege, falsche Vorbilder und missverstandene Lehrziele der hierzulande glorifizierten „Russischen Schachschule". Es beginnt mit Teil l über „Trends", das Auf und Ab während einer Partie, wobei Yermo den Schwerpunkt auf den Umgang mit den eigenen Emotionen legt - seltsamerweise ein blinder Fleck in der Schachliteratur, viel beliebter sind Ergüsse über die psychologische Kriegsführung in Hinblick auf den Gegner. Wo doch jeder Schachspieler weiß, dass der größte Feind im eigenen Selbst hockt. In vielen Fällen gilt es die eigenen Emotionen unter Kontrolle zu halten, z. B., wenn man der favorisierte Spieler ist und man die „Strafe" für die Naivität des Gegners aufgrund versteckter Stellungsressourcen nicht unmittelbar „aussprechen" kann. Überhaupt ist der erste Teil einem wichtigen Thema gewidmet - den open typischen Duellen von Spielern mit 200-300 Wertungspunkten Unterschied. Auf Seite 55ff. seziert Yermo eine Partie, in der er eine typische „Remisstellung" aus der Französischen Abtauschvariante zum Erfolg führt. In der Quintessenz sei viel Rechenarbeit nötig gewesen - eine Aussage, die Simon Webbs Darstellung in dem Klassiker Schach für Tiger widerspricht. Dort heißt es, dass simple Technik genügt und der stärkere Spieler unklare Varianten gar nicht erst in Betracht ziehen solle. Zurück zu Yermo, es scheint fast, als würde hier jemand die Berufsgeheimnisse seiner Zunft verraten! Die Open-Praxis zeigt, dass sich Großmeister oft genug mit der Kunst des „Knetens" so genannter Remisstellungen ihre Brötchen verdienen (müssen). Teil 2 ist Eröffnungen und den daraus entstehenden Mittelspielstrukturen gewidmet. Konkrete Themenbereiche sind hier die Abtauschvariante des Damengambits (Yermo erläutert die Ideen des unauffälligen 11. h3), eine typische Stellung aus dem Grünfeld-Inder, eine Nebenvariante gegen das Wolga - Gambit. Auf Seite 124 steuern wir einem literarischen Höhepunkt zu: Yermo tut - anlässlich des Sizilianischen Grand - Prix-Angriffs - seine Meinung über „Patenteröffnungen" kund. Sowohl grobschlächtige Gambits (1. d4 d5 2. e4) wie auch Damenbauernspiele à la Colle oder Trompowsky fallen unter diese Kategorie. Hoch bezahlte Trainer als auch „populäre" Autoren würden viel Geld damit verdienen, dem willfährigen Schachfreund solcherlei Eröffnungen zu verkaufen, in denen man mit einfachen „Ideen" und „Schemata" operieren kann - Zauberwörter für all jene, die sich nicht durch die komplexen Strukturen prinzipieller Eröffnungssysteme fressen wollen. Teil 3 liefert Studienmaterial zur Wechselwirkung von Positions- und Kombinationsspiel. Mir gefällt auch hier der didaktische Aufbau, bei dem der Leser ausgehend von relativ klaren Beispielen zum Strudel dynamischen Spiels mit sich ständig erneuernden taktischen Möglichkeiten geführt wird. Nicht jeder wird lernen, in dieser Weise zu spielen; trotzdem erfreut der Einblick in diese Kampfmethode. Bemerkenswert sind Yermos Äußerungen über den verdienten Trainer Wladimir Zak, den „Entdecker" von Spasski und Kortschnoj: Es galt lediglich, den Unterricht dieses dogmatischen Mannes mit möglichst wenig Schaden zu überstehen! Überhaupt spricht Yermo Klartext, hier und erst recht auf seiner politisch unkorrekten, aber imponierend offenen Internetseite www.concentric.net/~yermo/ mit „Yermos Diary" (leider zuletzt kaum aktualisiert). Auch sich selbst gegenüber ist Yermo extrem ehrlich. Hinter der rauen Rambo - Fassade, die vor Beleidigungen nicht zurückschreckt (beispielsweise bezeichnet er dort einen bekannten amerikanischen GM-Kollegen als „Weltklasse-Arschkriecher"), steckt der Kampf gegen Spießertum und Anbiederei. Im Buch werden vergleichbare Gedanken auf dezentere Weise präsentiert, zumal der mitunter vulgäre Slang der Originalausgabe The Road to Chess Improvement (Gambit 1999) in der deutschen Ausgabe nur noch gelegentlich durchschimmert. Nichtsdestotrotz gilt dem Übersetzer Marc Becker meine Hochachtung, einzig der deutsche Titel wirkt nicht überzeugend (wofür M. B. wohl nichts kann). Das Buch kann dem erfahrenen Turnierspieler mit oder ohne Meisterambitionen empfohlen werden. Die rein schachlichen Gehalte sind leichter zugänglich als etwa in den Dworetski-Büchern, so dass auch Schachfreunde ab ca. DWZ 1700 zu dem Buch greifen mögen, oder einfach jeder, der Freude an gut geschriebener Schachliteratur hat. Mein einziger Kritikpunkt (neben der Tatsache, dass der Preis fünf Euro niedriger hätte liegen dürfen): Es hätte (noch) mehr sein können! Yermo deutet an, dass der Verlag ihn zu Kürzungen bewogen hat. Schade darum!

Von Harald Keilhack (Schwieberdingen), Schach 02/2003.



Der erste Satz eines Buches will gut gewählt sein, noch dazu beim Erstling: „Ich muss zugeben, dass ich manchmal eine Partie spiele, die mich ziemlich verwirrt zurücklässt. Ich kann einfach nicht glauben, dass ich eine so aussichtsreiche Stellung noch verkorkst habe!" Alex Yermolinsky eröffnet selbstkritisch. Im persönlichen Ton, biografisch erzählend, geht es durch die 240 großformatigen Seiten. Yermo, so verkürzend nennt er sich selber im Buch, umreißt sein „ambitioniertes Projekt": Ich will dem Leser etwas beibringen - ihn dabei auch unterhalten. Ich habe keine neue revolutionäre Theorie entwickelt ... bin nur ein erfahrener Spieler, der sich viele Dinge selbst erarbeitet hat; ich möchte gerne meine Ideen und meine Methoden zur Verbesserung meiner Spielstärke mit denen teilen, die einen ähnlichen Weg gehen wollen."

Der Inhalt
Ein kurzer Überblick, worum es in diesem Buch eigentlich geht
Trends, Wendepunkte und emotionale Schwankungen
Eröffnungen und frühe Mittelspielstrukturen
Taktische Meisterschaft und strategische Fähigkeiten
Lassen Sie uns über Computerschach sprechen
Alex Yermolinsky ist jetzt 43. Im Buch nimmt er den Leser mit auf seinen Weg von den Anfängen bis zum 2600er-Großmeister. Alles begann beim Leningrader Schachclub im Pionierpalast - dort, wo die „Sowjetische Schachschule" gepflegt wurde. Sie kommt schlecht weg im Buch, die Kapitelüberschrift lautet: „Ein Wiedersehen mit den Klassikern oder die Fehlausbildung des Alex Yermolinsky". Der staatliche Cheftrainer hieß Wladimir Zak, zu Meriten war er gekommen, weil er das Talent Boris Spassky entdeckt hatte. Zak war vor allem bemüht, seinen Schülern die ehernen Gesetze des klassischen Schach einzutrichtern - so wie er sie verstand: Alle neuen Ideen wurden weitgehend ignoriert oder sogar bekämpft, anderes als 1. e4 e5 oder 1. d4 d5 ließ des Trainers Stim runzeln. Prompt bekam der junge Yermolinsky mit seinem 1. Sf3 Ärger. Der Autor weiter: „Wir erzählten uns einen Witz: „Jedem, der diese ,Trainingsmethoden' überlebt, ist eine glänzende Zukunft beschieden!" Walerie Salov und Gata Kamsky verließen früh den Pionierpalast, Yermolinsky blieb dort bis zum Schulabschluss. Sein Fazit heute: Besser keine Anleitung als eine schlechte, die „Sowjetische Schachschule" werde im Westen überschätzt.
Mit 31 Jahren (1989; übersiedelte Yermo in die USA. Großmeister war er noch nicht. Beim Tingeln durch die US-Open holte er einige jener Lektionen nach, die er in seiner russischen Jugend versäumt hatte: ein breiteres Variieren des Eröffnungsrepertoires, das Wertschätzen des Gambitspieles, nicht immer den „Leuteschinder" zum besten geben. Yermo klärt den irritierten Leser auf: Die älteren Meister und Trainer im Leningrader Schachclub der 70er-Jahre ordneten die Jungen in zwei Kategorien: die „temperamentvollen Kämpfer" und die „Leuteschinder". Der „Kämpfer" muss viel rechnen, gibt immer sein Bestes, riskiert einiges mit seinem oft ungesunden Spiel, manövriert sich in Schwierigkeiten, bis ihn eine verwegene taktische Operation rettet. Idealtypus war Tal. Ganz anders der „Leuteschinder". Er spielt grundsolide, hält sich an seine Eröffnungsschemata und planmäßigen Bauernstrukturen, hasst zweischneidige Stellungen, legt lieber sein positionelles Netz aus, in dem sich der Gegner irgendwann verheddert. Das ist der Stil Botwinniks. So wie der es lehre, sei das wahre „Schach der Meister", so wollte auch .der junge Yermolinsky spielen. Am Ende dieser Periode hatte Alex zwar viel „positionelles Schach aus einem Guss" gespielt, aber 50 Ratingpunkte verloren. Seine Warnung für alle ab 1900/2000 Elo: „Das Problem beginnt später, wenn ein guter Klubspieler aufsteigen möchte ... Die klassische positioneile Theorie wird zu einer Bürde, da ihre Postulate allein Ihnen nicht helfen, Probleme auf einer neuen Ebene zu lösen und manchmal sogar verwirrend sein können." Solche Kontroversen, und wie er sie für sich überwandt, diskutiert Yermolinsky in seinem Buch. Ich erwähnte das Gambitspiel - der junge Yermolinsky verachtete es als minderwertiges Schach, das nur dazu diene, die Dinge zu beschleunigen für eine kurzlebige Initiative. Sein 1. Sf3 sah er als „eine Art Rebellion gegen das Gambit-Establishment". Heute kritisiert der Autor seine damalige Einseitigkeit: „Ich verpasste die Chance, zu lernen, wie man offene Stellungen spielt, in denen die Figuren in der Luft zu hängen scheinen, und wo man vielleicht noch 2 bis 3 Züge hat, etwas zu initiieren, bevor sie abgetauscht oder zurück gedrängt werden." Jahre später jagte ihm von allen Eröffnungen ausgerechnet ein Gambit den meisten Schrecken ein: das Wolga-Benkö-Gambit.

Im Kapitel Eröffnungen und frühe Mittelspielstrukturen bespricht Yermolinsky dessen Prinzipien - und diskutiert „ein ziemlich obskures System" dagegen: 1. d4 Sf6 2. c4 c5 3. d5 b5 4. Sf3. Anstatt sofort auf b5 zu schlagen, spielt Weiß zuerst 4. Sf3 und erst nach 4..g6 nimmt er mit 5.cb5 a6. Jetzt kommt die Pointe: 6. Dc2!? - und Weiß kann das befreiende e4 spielen und seine Entwicklung vollenden. Es gibt noch eine zweite Pointe: Weil das Wolga-Gambit Alex Yermolinsky so zusetzte, begann er es selber zu spielen.
Seine Bemerkungen dazu und zu den anderen „frühen Mittelspielstrukturen" sind äußerst lehrreich. Er diskutiert Aspekte zur Abtauschvariante im Damengambit, die Zentrumsbauern im Grünfeld-Indisch, das Benoni, den Grand-Prix-Angriff (Siz.), den Sizilianischen Gegenangriff, der aus Najdorf, Scheveninger, Paulsen/Kan oder dem klassischen Sizilianisch entstehen kann, und die Vor- und Nachteile des Doppelfianchetto. Hier wie auch in den anderen Kapiteln stellte Yermo eine Überlegungen meist am Beispiel eigener Partien an, 93 werden im Buch referiert. Dazu kommen 9 Partien von anderen Spielern. Die tief analysierten Yermo-Partien bilden den Roten Faden, sind der Kern der Buches.

Teil 1auf Yermolinskys Weg zum besseren Schach ist angewandte Schachpsychologie pur: Trends, Wendepunkte und emotionale Schwankungen. Welche Optionen haben wir, den (schlechten) Lauf der Dinge zu ändern? Wann die Brücken hinter sich abbrechen? - oder doch lieber den Status quo aufrecht halten? Was hat es mit der „Bürde geringer Vorteile" auf sich? Diese kleinen Vorteile würden oft unschlüssig lange festgehalten - bis sie keine mehr sind. Besser sollten sie rechtzeitig getauscht werden in andere Pluspunkte. Interessant ist auch der letzte Abschnitt, reißerisch betitelt mit „Das Monster überleben". Monster nennt der Autor Gegner, die mit 200 oder 300 Rating-Punkten mehr dem Leser das Turnierleben schwer machen. Warum, fragt der Autor, gewinnt 1800 gegen 1600? Weil 1800 weniger Fehler macht. Und 2000 gewinnt gegen 1800, weil er die Mittelspiel-Strukturen besser versteht, die sich aus seinen Eröffnungen ergeben. 2200 gegen 2000 fühlt eher den Verlauf der Partie im Mittelspiel, die Auf- und Ab-wärtstrends und die kritischen Momente. 2400 gegen 2200 agiert beim Übergang vom Mittel- zum Endspiel stärker und beherrscht das Endspiel besser. 2600 gegen 2400 verfügt über wesentlich größere Kenntnisse der typischen Mittel- und Endspielstellungen, als Ergebnis seiner sorgfältigen Vorbereitung des Eröffnungsrepertoires, und ist taktisch und in seiner Zeiteinteilung überlegen. Yermolinsky untermauert seine Thesen und Ratschläge mit reichlich Partien und Partiefragmenten. Dabei fordert er den Leser auf, den Kommentaren von Diagramm zu Diagramm möglichst ohne Brett zu folgen. Klar muss auch sein: sich einlassen auf Yermos Weg nach oben heißt konzentriert arbeiten. Noch eine Empfehlung, die im Buch mehrfach wiederholt wird: Studiere deine eigenen Partien! - und beachte: „Mit gewonnenen Partien kann man angeben, verlorene sollte man studieren ... um herauszufinden, was tatsächlich vor sich ging". Diese tiefen Analysen erst machten Yermo nach seiner Meinung zum starken GM (2600+). Und gar nichts hält der amerikanisierte Russe vom Partiestudium via PC und Monitor: Dann wird jeder Zug bequem als neue Stellung serviert, unser Gehirn nicht genug gefordert. Anders sei das beim Lesen der Diagramme; denn wenn wir aber am Turnierbrett sitzen, dann sei genau jene Visualisierungskraft notwendig zum Durchrechnen der Varianten. Grundsätzlich gelte: „Visualisierung ist der Punkt, an dem sich Schachspieler unterscheiden, abhängig vom natürlichen Talent". Yermolinsky gründete in Cleveland seine „Yermo Schachakademie", er kennt die Probleme der 1300er wie die der 2300er. Also gibt sein Buch auch Hinweise für das Selbststudium. Hier drei Buchtipps: David Bronstein, Zürich 1953 („was das Buch so großartig macht, ist seine völlige Missachtung der Theoretisierung"). Auch Aljechins Meine besten Partien und Nimzowitschs Mein System empfiehlt Yermolinsky.

Teil 3 behandelt Taktische Meisterschaft und strategische Fähigkeiten, Wann ist der Abtausch nützlich? Soll man ihn gegen Schwächere möglichst vermeiden, gegen „Monster" forcieren? Viel ist von Tempi die Rede, von Initiative und Dynamik, zwischengestreut werden Weisheit und Ironie -der Leser soll sich auch amüsieren: „Der wahre Vorteil des Läuferpaares besteht darin, dass man jederzeit einen von ihnen abtauschen kann". Oder: „Seine ganze Karriere hindurch machte sich Aljechin (Yermo ist Aljechin-Fan!) damit ein schönes Leben, dass er Leute schlug, die sich Tarraschs Rat zu sehr zu Herzen genommen hatten. Der gute Doktor selbst war nicht so dumm!". Yermolinsky zielt auf Klassiker wie Alapin und eben Tarrasch, die mit wissenschaftlicher Akribie Eröffnungstempi zählten und daraus nach Aljechins Meinung oft falsche Schlüsse zogen. Später kommt der Autor nochmals auf den Abtausch zu sprechen: „Zurück zum Abtauschgeschäft - der neue liberale Ansatz". Danach kann der Abtausch von Figuren ein nützliches Werkzeug sein, um strategische oder taktische Ziele zu erreichen. Aber wie bei einer zweischneidigen Axt ist Vorsicht geboten: „Viele Partien wurden schon weggeworfen, weil die Auswirkungen eines unschuldig aussehenden Abtauschs unterschätzt worden sind".

Im Schlusskapitel Lassen Sie uns über Computerschach sprechen erörtert der Autor auf acht Seiten die Besonderhei-ten des Spiels von PCs im Vergleich zu Menschen. Yermo kommentiert vier 10min-Partien, die er 1996/7 auf einem Pentium 166 MHz gegen Fritz 4 spielte.
Der Anhang führt ECO- und Namensregister der Eröffnungen, und zwei Spieler-Verzeichnisse. Der Weg zur Verbesserung im Schach ist nicht so hölzern geschrieben wie der steife deutsche Titel vermuten lässt. Im Gegenteil! Die Sprache ist eine besondere Stärke des Buches - immerhin geht es um Schach auf hohem Niveau, vergleichbar der Reihe von Dworetski & Jussupow. Und trotzdem kommt das amerikanisches Englisch des Autors locker daher, manchmal flapsig - aber nicht im Stil von Bargesprächen übers Schachspielen, wie Stefan Löffler in seiner Rezension meinte. Übersetzer Marc Becker hätte ich etwas mehr Mut gewünscht, Yermos Tonfall ins Deutsche zu übertra-gen. Zum Beispiel spricht Dirty Harry [im gleichnamigen Spielfilm] nicht gediegen wie ein Oberlehrer (S. 69). Sie sehen: Clint Eastwood spielt auch mit im Buch.
Die englische Fassung wurde mit dem ,Cramer Award for Best Book' der United States Chess Federation ausgezeichnet, in England kam Yermos Lehrbuch in die Endauswahl zum ,Schachbuch des Jahres'. Zurecht.

Dr. Erik Rausch Rochade Europa 3/2003, S. 98


Nachdem sich viele große Verlage wie Falken, DeGruyter und Franckh schon vor Jahren von ihrem Schachsortiment getrennt haben, versucht nun ein renommierter Londoner Verlag mit einem Dutzend deutschsprachiger Titel hier Fuß zu fassen. [..] Der vor 13 Jahren in die USA emigrierte Großmeister Y. hat mit seinem Erstling in England gleich den Sprung auf die Liste "Schachbuch des Jahres 2000" geschafft. Sein nunmehr einwandfrei ins Deutsche übertragene Lehrbuch wendet sich an Schachfreunde, die bereits über solide Grundkenntnisse verfügen. Die reichen Erfahrungen als Lehrer an seiner eigenen Schach-Akademie -vor allem aber Irrwege und Rückschläge seiner Karriere finden dabei Berücksichtigung. Entscheidend für die schachliche Weiterentwicklung hält er das objektive Studium der eigenen Partien. Diese stehen folgerichtig im Mittelpunkt seines Lehrbuches - sympathischerweise keineswegs nur die Gewinnpartien. Gerne empfohlen für alle ausgebauten Schachbestände. (2)

Wolfgang Franz ID 8/03 - BA 4/03 ekz-Informationsdienst
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