Artikelnummer
LXGELDDMIC
Autor
Dynamic Decision Making in Chess
288 Seiten, kartoniert, Quality, 1. Auflage 2017
Vorübergehend ausverkauft
In Dynamic Decision Making in Chess former World Championship Challenger Boris Gelfand continues his investigation into decision-making at the top level, discussing some of his best games as well as his worst slips, giving the reader a unique insight into the mind of a world-class grandmaster.
Grandmaster Boris Gelfand has been an elite player for 30 years, winning the World Cup, Olympiad Gold, Candidates and many other top tournaments. In 2015 Positional Decision Making in Chess won the ECF Book of the Year award.
Grandmaster Boris Gelfand has been an elite player for 30 years, winning the World Cup, Olympiad Gold, Candidates and many other top tournaments. In 2015 Positional Decision Making in Chess won the ECF Book of the Year award.
EAN | 9781784830120 |
---|---|
Gewicht | 490 g |
Hersteller | Quality |
Breite | 17 cm |
Höhe | 24 cm |
Medium | Buch |
Erscheinungsjahr | 2017 |
Autor | Boris Gelfand |
Sprache | Englisch |
Auflage | 1 |
ISBN-13 | 978-1784830120 |
Seiten | 288 |
Einband | kartoniert |
004 Key to Symbols used
005 Publisher’s Foreword
007 Introduction
019 1. Minsk 1979
033 2. Petrosian
047 3. Tactics at the Top Level
079 4. The Nature of Tactical Mistakes at the Top Level
121 5. Compensation
151 6. Time
197 7. Dynamic Masterpieces
241 8. Dynamic Defence
273 Appendix - Borenka will Remember!
278 Name Index
281 Game Index
283 Opening Index
005 Publisher’s Foreword
007 Introduction
019 1. Minsk 1979
033 2. Petrosian
047 3. Tactics at the Top Level
079 4. The Nature of Tactical Mistakes at the Top Level
121 5. Compensation
151 6. Time
197 7. Dynamic Masterpieces
241 8. Dynamic Defence
273 Appendix - Borenka will Remember!
278 Name Index
281 Game Index
283 Opening Index
Nach dem großen Erfolg von Positional Decision Making in Chess, das 2015 vom Englischen Schachverband (ECF) zum „Buch des Jahres” gekürt wurde, erschien 2016 Boris Gelfands Folgewerk Dynamic Decision Making in Chess. Und erneut ist dem Weltklassespieler ein herausragendes Buch gelungen.
Bei den Analysen spürt der Leser immer wieder, wie viel gründlicher das Schachverständnis der Generation Gelfands im Vergleich zu den meisten „Computerkids” ist. Nicht von ungefähr haben sich eine ganze Reihe dieser Spieler bis heute in der Weltspitze gehalten, obwohl sie bereits über Vierzig sind.
Gelfand versteht unter Dynamik das Potential der Figuren. Um es auszuschöpfen, sind Intuition und Kalkulation gleichermaßen gefragt. In acht Kapiteln, denen stets einige zum Teil anspruchsvolle Übungsdiagramme vorangestellt sind, wirft der Autor einen Blick auf nicht einfach zu fassende Aspekte wie Zeit, Kompensation oder dynamische Verteidigung.
Gelfand bietet keine „aseptischen” Schachlektionen an, sondern bettet seine Analysen immer in Rahmengeschichten ein, erzählt etwas über seine Gegner, über Turnierbedingungen und Wettkampfsituationen oder spricht über unterschiedliche Stile, eine Partie zu kommentieren.
Im Kapitel über taktische Fehler zeigt Gelfand präzise auf, welche Gründe für verpasste Möglichkeiten verantwortlich sind. Dadurch kann der Leser nachvollziehen, wie sich Großmeister Stellungen erschließen und warum ihnen Fehler unterlaufen. Einmal schreibt Gelfand, dass er an einer Stelle eine konkrete Fortsetzung unterhatte, weil er sich lieber für eine überlegenes technisches Endspiel entschied, das dann aber nur Remis endete.
Interessant ist, wie Gelfand in der Analyse seiner Partie gegen Polgar über Jahre hinweg Fortschritte macht, bis er schließlich zum Kern der Stellung vordringt.
Dabei sind Gelfands Partiekommentare immer „menschlich”, er will „human-stylelines” zeigen und grenzt sich explizit und wohltuend von Computeranalysen ab.
Dynamic Decision Making in Chess ist eine Sammlung lehrreicher Analysen und erlaubt dem Leser einen Blick in die Werkstatt eines Topgroßmeisters.
Harry Schaack,
KARL 1/2017
"Dynamic Decision Making In Chess" ist nach "Positional Decision Making in Chess" aus 2015 ein weiteres Werk von Boris Gelfand, in dem er den Leser in die Entscheidungsprozesse eines Großmeisters am Brett Einblick nehmen lassen will. Dabei ist "Einblick nehmen lassen" nicht als eine Art Demonstration zu verstehen, sondern als Offenlegung und Einweihung mit dem Ziel, Verständnis beim Leser zu entwickeln, so dass dieser in seiner eigenen Spielstärke daran wachsen wird.
Erschienen ist dieser Neuling im Bücherregal bei Quality Chess. Jacob Aagaard, maßgeblicher Kopf hinter Quality Chess, hat Gelfand tatkräftig unterstützt, so wie es auch schon zum Vorgängerbuch zu lesen war.
Gelfand beschreibt "Dynamic Decision Making In Chess" als ein persönliches Buch mit dem zentralen Thema der Dynamik im Schach und erklärt, dass es kein Lehrbuch im eigentlichen Sinn ist. In seinem Streifzug durch die dynamischen Aspekte und Elemente des Spiels macht er auch Station bei dem einen oder anderen zusätzlichen Thema, so zum Einfluss Engines im Schach und zum Unterschied seiner Spielergeneration zur jungen (den "Millennials"). Ob Haupt- oder Nebenschauplatz - Gelfands Ausführungen sind durch die Bank hochinteressant. Teilweise kommt er dabei mit einfachsten Feststellungen zu die Augen öffnenden bis zu entlarvenden Erkenntnissen.
Zum Schwerpunkt "Dynamik" ist es Gelfands zentrale Anschauung, dass sie im Potenzial jedes Spielsteins liegt. Es bedarf eines "Feelings", um dieses Potenzial richtig zu erkennen und zu realisieren. Ein solches Stellungsgefühl ist beispielsweise nicht durch Rechenfähigkeit zu ersetzen.
Weil der Mensch nicht linear zu denken vermag, braucht er zur Strukturierung Hilfsmittel, beispielsweise das Mittel der Kandidatenzüge. Die Berechnung soll das Notwendige nicht überschreiten, um effizient zu sein und nicht zu viel Energie zu verbrauchen. Es bedarf also eine Balance zwischen Berechnung und Intuition. Diese Intuition versucht Gelfand darzustellen und zu fördern.
Engines sind für ihn Chance und Gefahr zugleich. Der Spieler muss wissen, wann und wie sie ihm helfen können und wann sie eher schaden.
Gelfand führt ein schönes Beispiel an: Eine Engine zeigt darin ein Plus von 5 an, sagt aber natürlich nicht, wie dieses Urteil zustande kommt. Ist es eine positionelle Wertung, liegt vielleicht eine ausgezeichnete Chance für eine Kombination vor? Der Spieler soll dies zu verstehen lernen. Gelfand kritisiert deshalb den "Millennial", der eine gewonnene Stellung vergeigt und wenige Minuten später bei Twitter sein Pech beklagt. Er sucht sich mit seiner falschen Spielführung in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit zu stellen anstatt seine Unfähigkeit zur sauberen Stellungsberechnung zu realisieren und durch Analyse zu prüfen, was er falsch gemacht hat.
"Dynamic Decision Making In Chess" enthält acht Kapitel, der insoweit verkürzte Ausschnitt aus dem Inhaltsverzeichnis hat das folgende Gesicht:
1. Minsk 1979
2. Petrosian
3. Tactics at the Top Level
4. The Nature of Tactical Mistakes at the Top Level
5. Compensation
6. Time
7. Dynamic Masterpieces
8. Dynamic Defence.
Wenn man "Dynamic Decision Making In Chess" durchgeht, gewinnt man automatisch den Eindruck, dass seine Klassifizierung als "persönliches Buch" zweifellos zutrifft. Es zeigt den Charakter eines außerordentlich qualifizierten Schachbuches, in dem Textpassagen die Rolle eines unterhaltsamen und informativen Bindemittels übernehmen. Mal sind es rein narrative Elemente, beispielsweise solche über andere Spieler, dann sind es Einblicke in Gelfands Überlegungen am Brett und seine persönlichen Entscheidungsprozesse oder auch Darstellungen seiner Sicht der Dinge, wie etwa die schon angesprochenen Passagen zum Engine-Einsatz und zur jungen Spielergarde.
Zentrales Element aller Betrachtungen zur Dynamik im Schach sind natürlich Partien und Partiefragmente aus Gelfands eigener Praxis wie auch aus dem Schaffen anderen Koryphäen. Analysen gehen nicht selten und mit etlichen Verästelungen in eine ganz besondere Tiefe. Dabei kommen die bekannten taktischen und strategischen Elemente des Schachspiels zum Tragen, aber nicht lehrbuchhaft ausgearbeitet, sondern eingebunden in die Abläufe der Partien. Die großmeisterlichen Denk- und Entscheidungsprozesse werden dabei nachvollzogen und auf diese Weise beschrieben.
Am Beispiel des Kapitels 5 ("Compensation") sieht dies so aus: Gelfand startet mit einer obligatorischen Diagramm-Vorschau. Diese Stellungsbilder zeigen kritische Situationen aus den folgenden Partien. Der Leser soll sich beliebig viel Zeit nehmen, um sich seine Gedanken zur jeweiligen Stellung zu machen, um diese dann mit dem tatsächlichen Verlauf vergleichen zu können. Anhand einer Partie zwischen Kasparow und Csom gleich im Anschluss gibt er eine Einführung in die Gegenstände des Interesses im weiteren Kapitelverlauf. Ein erstes Hauptthema ist in der Folge die "Hergabe eines Bauern für einen Entwicklungsvorteil". Auf die eben beschriebene Weise geht er äußerst intensiv auf dieses Mittel ein, bevor er sich dann ähnlich mit weiteren Unterthemen auseinandersetzt.
Auf rund 280 Buchseiten erhält der Käufer Material der Extraklasse.
"Dynamic Decision Making In Chess" spricht in meinen Augen dabei in erster Linie Spieler an, die bereits eine bemerkenswerte eigene Spielstärke erreicht haben. Diese möchte ich jenseits eines einfachen Klubniveaus einordnen. Dies soll nicht heißen, dass der weniger fortgeschrittene Schachfreund nichts mit dem Werk wird anfangen können. Meine Einschätzung soll lediglich deutlich machen, dass er sich auf einen weniger geschmeidigen Umgang damit wird einrichten müssen und sich nicht frustrieren lassen darf, wenn sein Level oft überschritten wird.
Die Buchsprache ist Englisch. Die Anforderungen an des Lesers Fremdsprachkenntnisse sind nicht unbedingt als niedrig zu bezeichnen. Es gibt einiges an Text im Werk, der auf einem durchaus nicht einfachen Wortschatz basiert und auch nicht nur einem einfachen Satzbau folgt.
Auch in Sachen "Technik" macht die Arbeit dem Verlagsnamen "Quality Chess" alle Ehre. Feines Papier, sehr sauberer Druck, fester Einband, qualifizierte Bindung - alles passt.
Fazit: "Dynamic Decision Making In Chess" ist ein ausgezeichnetes Buch zur Dynamik im Schach, das sich vor allem an den fortgeschrittenen Leser richtet. Es lässt den Leser an Denk- und Entscheidungsprozessen eines Super-Großmeisters teilhaben und daraus für sich selbst Profit ziehen. Daneben ist das Werk unterhaltsam geschrieben und mit zahlreichen Randinformationen gespickt.
Uwe Bekemann
www.BdF-Fernschachbund.de
November 2016
"Positional Decision Making in Chess" aus dem Hause Quality Chess gehörte 2015 zu den besten Schachbüchern des Jahres für mich. Weltklassegroßmeister Boris Gelfand behandelte darin Aspekte des Positionsschach. Immer noch schwärme ich von seinen Erklärungen zum Thema des Raumvorteils, das ihm sichtlich am Herzen liegt. Da Vorteile wie dieser statisch sind und sich nicht ohne weiteres verflüchtigen, kann man diese aber auch ganz gut erklären. Nun befasst sich der israelische GM in "Dynamic Decision Making in Chess" auf 282 Seiten mit dynamischen Vorteilen wie die Initiative oder auch den richtigen Zeitpunkt, um anzugreifen und dafür gar Material zu opfern. Einerseits betreten wir hier natürlich die konkrete Welt der Taktik, in der alles ausrechenbar ist, auch wenn es bisweilen über mehrere Züge hinweg geschehen muss. Diesen zeigt er mit einigen Perlen aus seinem und dem Schaffen anderer Meister auf. Er geht dabei auch auf seinen Denkprozess während der Partien ein.
Sehr viel schwieriger ist aber der strategische Bereich der Dynamik, in dem man zum Beispiel für andere langfristige Vorteile Material opfert oder es durch das Motiv der Drohung schafft, seine eigene Stellung weiter zu aktivieren, während der Gegner dies bei seiner Stellung eben nicht erreicht. Durch den Aktivitätsvorsprung ist dann am Ende die Taktik auf unserer Seite oder eben nicht auf der des Gegners. All diese Aspekte werden allerdings in dem neuen Werk sehr gut erklärt. Die besprochenen Partien werden exzellent kommentiert und oft werden thematisch verwandte Partien zu dem Thema eingewoben. Dadurch erhält der Leser ein klareres Bild von der Materie und durch den unterhaltsamen Schreibstil bleibt man trotz der oft komplexen Stellungen motiviert. Über Abschweifung lernt man so dann auch einiges über Eröffnungen und Endspiele. Natürlich hat der Autor auch erneut seinen sehr persönlichen Stil beibehalten. Diesmal werden zum Beispiel die Einflüsse Efim Gellers und Tigran Petrosians auf das Spiel von Boris Gelfand erklärt, aber bei Dynamik fehlt natürlich auch ein Garri Kasparow als großer Meister in diesem Bereich nicht. Auch Tipps zum eigenen Schachtraining sind nicht zu knapp und auch für normalsterbliche Schachspieler sehr hilfreich. Das einzig etwas bedauerliche ist, dass die verwandten Eröffnungen hauptsächlich aus dem Bereich der geschlossenen Eröffnungen ausgewählt wurden und es nach 1.e4 fast ausschließlich Sizilianischpartien gibt, aber das ist für den Inhalt nicht ganz so entscheidend.
Das Buch ist ein einziges Vergnügen und gehört in die Sammlung eines jeden interessierten Schachspielers!
IM Dirk Schuh
September 2016
Bei den Analysen spürt der Leser immer wieder, wie viel gründlicher das Schachverständnis der Generation Gelfands im Vergleich zu den meisten „Computerkids” ist. Nicht von ungefähr haben sich eine ganze Reihe dieser Spieler bis heute in der Weltspitze gehalten, obwohl sie bereits über Vierzig sind.
Gelfand versteht unter Dynamik das Potential der Figuren. Um es auszuschöpfen, sind Intuition und Kalkulation gleichermaßen gefragt. In acht Kapiteln, denen stets einige zum Teil anspruchsvolle Übungsdiagramme vorangestellt sind, wirft der Autor einen Blick auf nicht einfach zu fassende Aspekte wie Zeit, Kompensation oder dynamische Verteidigung.
Gelfand bietet keine „aseptischen” Schachlektionen an, sondern bettet seine Analysen immer in Rahmengeschichten ein, erzählt etwas über seine Gegner, über Turnierbedingungen und Wettkampfsituationen oder spricht über unterschiedliche Stile, eine Partie zu kommentieren.
Im Kapitel über taktische Fehler zeigt Gelfand präzise auf, welche Gründe für verpasste Möglichkeiten verantwortlich sind. Dadurch kann der Leser nachvollziehen, wie sich Großmeister Stellungen erschließen und warum ihnen Fehler unterlaufen. Einmal schreibt Gelfand, dass er an einer Stelle eine konkrete Fortsetzung unterhatte, weil er sich lieber für eine überlegenes technisches Endspiel entschied, das dann aber nur Remis endete.
Interessant ist, wie Gelfand in der Analyse seiner Partie gegen Polgar über Jahre hinweg Fortschritte macht, bis er schließlich zum Kern der Stellung vordringt.
Dabei sind Gelfands Partiekommentare immer „menschlich”, er will „human-stylelines” zeigen und grenzt sich explizit und wohltuend von Computeranalysen ab.
Dynamic Decision Making in Chess ist eine Sammlung lehrreicher Analysen und erlaubt dem Leser einen Blick in die Werkstatt eines Topgroßmeisters.
Harry Schaack,
KARL 1/2017
"Dynamic Decision Making In Chess" ist nach "Positional Decision Making in Chess" aus 2015 ein weiteres Werk von Boris Gelfand, in dem er den Leser in die Entscheidungsprozesse eines Großmeisters am Brett Einblick nehmen lassen will. Dabei ist "Einblick nehmen lassen" nicht als eine Art Demonstration zu verstehen, sondern als Offenlegung und Einweihung mit dem Ziel, Verständnis beim Leser zu entwickeln, so dass dieser in seiner eigenen Spielstärke daran wachsen wird.
Erschienen ist dieser Neuling im Bücherregal bei Quality Chess. Jacob Aagaard, maßgeblicher Kopf hinter Quality Chess, hat Gelfand tatkräftig unterstützt, so wie es auch schon zum Vorgängerbuch zu lesen war.
Gelfand beschreibt "Dynamic Decision Making In Chess" als ein persönliches Buch mit dem zentralen Thema der Dynamik im Schach und erklärt, dass es kein Lehrbuch im eigentlichen Sinn ist. In seinem Streifzug durch die dynamischen Aspekte und Elemente des Spiels macht er auch Station bei dem einen oder anderen zusätzlichen Thema, so zum Einfluss Engines im Schach und zum Unterschied seiner Spielergeneration zur jungen (den "Millennials"). Ob Haupt- oder Nebenschauplatz - Gelfands Ausführungen sind durch die Bank hochinteressant. Teilweise kommt er dabei mit einfachsten Feststellungen zu die Augen öffnenden bis zu entlarvenden Erkenntnissen.
Zum Schwerpunkt "Dynamik" ist es Gelfands zentrale Anschauung, dass sie im Potenzial jedes Spielsteins liegt. Es bedarf eines "Feelings", um dieses Potenzial richtig zu erkennen und zu realisieren. Ein solches Stellungsgefühl ist beispielsweise nicht durch Rechenfähigkeit zu ersetzen.
Weil der Mensch nicht linear zu denken vermag, braucht er zur Strukturierung Hilfsmittel, beispielsweise das Mittel der Kandidatenzüge. Die Berechnung soll das Notwendige nicht überschreiten, um effizient zu sein und nicht zu viel Energie zu verbrauchen. Es bedarf also eine Balance zwischen Berechnung und Intuition. Diese Intuition versucht Gelfand darzustellen und zu fördern.
Engines sind für ihn Chance und Gefahr zugleich. Der Spieler muss wissen, wann und wie sie ihm helfen können und wann sie eher schaden.
Gelfand führt ein schönes Beispiel an: Eine Engine zeigt darin ein Plus von 5 an, sagt aber natürlich nicht, wie dieses Urteil zustande kommt. Ist es eine positionelle Wertung, liegt vielleicht eine ausgezeichnete Chance für eine Kombination vor? Der Spieler soll dies zu verstehen lernen. Gelfand kritisiert deshalb den "Millennial", der eine gewonnene Stellung vergeigt und wenige Minuten später bei Twitter sein Pech beklagt. Er sucht sich mit seiner falschen Spielführung in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit zu stellen anstatt seine Unfähigkeit zur sauberen Stellungsberechnung zu realisieren und durch Analyse zu prüfen, was er falsch gemacht hat.
"Dynamic Decision Making In Chess" enthält acht Kapitel, der insoweit verkürzte Ausschnitt aus dem Inhaltsverzeichnis hat das folgende Gesicht:
1. Minsk 1979
2. Petrosian
3. Tactics at the Top Level
4. The Nature of Tactical Mistakes at the Top Level
5. Compensation
6. Time
7. Dynamic Masterpieces
8. Dynamic Defence.
Wenn man "Dynamic Decision Making In Chess" durchgeht, gewinnt man automatisch den Eindruck, dass seine Klassifizierung als "persönliches Buch" zweifellos zutrifft. Es zeigt den Charakter eines außerordentlich qualifizierten Schachbuches, in dem Textpassagen die Rolle eines unterhaltsamen und informativen Bindemittels übernehmen. Mal sind es rein narrative Elemente, beispielsweise solche über andere Spieler, dann sind es Einblicke in Gelfands Überlegungen am Brett und seine persönlichen Entscheidungsprozesse oder auch Darstellungen seiner Sicht der Dinge, wie etwa die schon angesprochenen Passagen zum Engine-Einsatz und zur jungen Spielergarde.
Zentrales Element aller Betrachtungen zur Dynamik im Schach sind natürlich Partien und Partiefragmente aus Gelfands eigener Praxis wie auch aus dem Schaffen anderen Koryphäen. Analysen gehen nicht selten und mit etlichen Verästelungen in eine ganz besondere Tiefe. Dabei kommen die bekannten taktischen und strategischen Elemente des Schachspiels zum Tragen, aber nicht lehrbuchhaft ausgearbeitet, sondern eingebunden in die Abläufe der Partien. Die großmeisterlichen Denk- und Entscheidungsprozesse werden dabei nachvollzogen und auf diese Weise beschrieben.
Am Beispiel des Kapitels 5 ("Compensation") sieht dies so aus: Gelfand startet mit einer obligatorischen Diagramm-Vorschau. Diese Stellungsbilder zeigen kritische Situationen aus den folgenden Partien. Der Leser soll sich beliebig viel Zeit nehmen, um sich seine Gedanken zur jeweiligen Stellung zu machen, um diese dann mit dem tatsächlichen Verlauf vergleichen zu können. Anhand einer Partie zwischen Kasparow und Csom gleich im Anschluss gibt er eine Einführung in die Gegenstände des Interesses im weiteren Kapitelverlauf. Ein erstes Hauptthema ist in der Folge die "Hergabe eines Bauern für einen Entwicklungsvorteil". Auf die eben beschriebene Weise geht er äußerst intensiv auf dieses Mittel ein, bevor er sich dann ähnlich mit weiteren Unterthemen auseinandersetzt.
Auf rund 280 Buchseiten erhält der Käufer Material der Extraklasse.
"Dynamic Decision Making In Chess" spricht in meinen Augen dabei in erster Linie Spieler an, die bereits eine bemerkenswerte eigene Spielstärke erreicht haben. Diese möchte ich jenseits eines einfachen Klubniveaus einordnen. Dies soll nicht heißen, dass der weniger fortgeschrittene Schachfreund nichts mit dem Werk wird anfangen können. Meine Einschätzung soll lediglich deutlich machen, dass er sich auf einen weniger geschmeidigen Umgang damit wird einrichten müssen und sich nicht frustrieren lassen darf, wenn sein Level oft überschritten wird.
Die Buchsprache ist Englisch. Die Anforderungen an des Lesers Fremdsprachkenntnisse sind nicht unbedingt als niedrig zu bezeichnen. Es gibt einiges an Text im Werk, der auf einem durchaus nicht einfachen Wortschatz basiert und auch nicht nur einem einfachen Satzbau folgt.
Auch in Sachen "Technik" macht die Arbeit dem Verlagsnamen "Quality Chess" alle Ehre. Feines Papier, sehr sauberer Druck, fester Einband, qualifizierte Bindung - alles passt.
Fazit: "Dynamic Decision Making In Chess" ist ein ausgezeichnetes Buch zur Dynamik im Schach, das sich vor allem an den fortgeschrittenen Leser richtet. Es lässt den Leser an Denk- und Entscheidungsprozessen eines Super-Großmeisters teilhaben und daraus für sich selbst Profit ziehen. Daneben ist das Werk unterhaltsam geschrieben und mit zahlreichen Randinformationen gespickt.
Uwe Bekemann
www.BdF-Fernschachbund.de
November 2016
"Positional Decision Making in Chess" aus dem Hause Quality Chess gehörte 2015 zu den besten Schachbüchern des Jahres für mich. Weltklassegroßmeister Boris Gelfand behandelte darin Aspekte des Positionsschach. Immer noch schwärme ich von seinen Erklärungen zum Thema des Raumvorteils, das ihm sichtlich am Herzen liegt. Da Vorteile wie dieser statisch sind und sich nicht ohne weiteres verflüchtigen, kann man diese aber auch ganz gut erklären. Nun befasst sich der israelische GM in "Dynamic Decision Making in Chess" auf 282 Seiten mit dynamischen Vorteilen wie die Initiative oder auch den richtigen Zeitpunkt, um anzugreifen und dafür gar Material zu opfern. Einerseits betreten wir hier natürlich die konkrete Welt der Taktik, in der alles ausrechenbar ist, auch wenn es bisweilen über mehrere Züge hinweg geschehen muss. Diesen zeigt er mit einigen Perlen aus seinem und dem Schaffen anderer Meister auf. Er geht dabei auch auf seinen Denkprozess während der Partien ein.
Sehr viel schwieriger ist aber der strategische Bereich der Dynamik, in dem man zum Beispiel für andere langfristige Vorteile Material opfert oder es durch das Motiv der Drohung schafft, seine eigene Stellung weiter zu aktivieren, während der Gegner dies bei seiner Stellung eben nicht erreicht. Durch den Aktivitätsvorsprung ist dann am Ende die Taktik auf unserer Seite oder eben nicht auf der des Gegners. All diese Aspekte werden allerdings in dem neuen Werk sehr gut erklärt. Die besprochenen Partien werden exzellent kommentiert und oft werden thematisch verwandte Partien zu dem Thema eingewoben. Dadurch erhält der Leser ein klareres Bild von der Materie und durch den unterhaltsamen Schreibstil bleibt man trotz der oft komplexen Stellungen motiviert. Über Abschweifung lernt man so dann auch einiges über Eröffnungen und Endspiele. Natürlich hat der Autor auch erneut seinen sehr persönlichen Stil beibehalten. Diesmal werden zum Beispiel die Einflüsse Efim Gellers und Tigran Petrosians auf das Spiel von Boris Gelfand erklärt, aber bei Dynamik fehlt natürlich auch ein Garri Kasparow als großer Meister in diesem Bereich nicht. Auch Tipps zum eigenen Schachtraining sind nicht zu knapp und auch für normalsterbliche Schachspieler sehr hilfreich. Das einzig etwas bedauerliche ist, dass die verwandten Eröffnungen hauptsächlich aus dem Bereich der geschlossenen Eröffnungen ausgewählt wurden und es nach 1.e4 fast ausschließlich Sizilianischpartien gibt, aber das ist für den Inhalt nicht ganz so entscheidend.
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